Zweiter Artikel. Der Endzweck der Weltregierung ist etwas außerhalb der Welt.
a) Dagegen wird geltend gemacht: I. Wozu eine Sache hingeleitet wird, das ist etwas in der Sache selbst; wie z. B. daß der Kranke zur Gesundheit geführt wird, ein Gut im Kranken selber ist. II. „Manche unter den Endbestimmungen sind das Gewirkte, andere bestehen in den Thätigkeiten selber,“ sagt Aristoteles. (1 Ethic. c. 1.)Es giebt aber nichts Gewirktes, was außerhalb des Weltalls wäre, und alles Thätigsein ist im Thätigseienden. III. Das Beste einer Vielheit ist die Ordnung und der Frieden, wie Augustin sagt: „Der Friede ist die Ruhe der Ordnung.“ (19. de Civ. Dei cap. 13.) Die Welt aber ist gewissermaßen eine Vielheit. Also ihr Bestes, d. h. ihr Zweck ist die Ordnung, die in den Dingen ist. Der Endzweck für die Leitung der Welt steht also nicht außerhalb der Welt. Auf der anderen Seite sagen die Prov. 16, 8.: „Alles hat der Herr wegen Seiner selbst gemacht.“ Gott aber ist außerhalb der Weltordnung.
b) Ich antworte, das Ende oder der Zweck müsse dem Anfange oder dem Princip entsprechen. Da also das Princip, von dem die Dinge ihren Anfang haben, außerhalb des All ist, nämlich Gott (Kap. 19, Art. 4; Kap. 44, Art. 1 und 2); so ist auch der Zweck des All etwas Außenstehendes. Und das zeigt noch eigens die Vernunft. Denn offenbar trägt der Zweck den Charakter des Guten; wonach nämlich der beschränkte Zweck eines einzelnen besonderen Dinges als eines solchen ein beschränktes besonderes Gut ist und der Zweck aller Dinge insgesamt ein allgemeines Gut, ein Gut für Alles. Das allgemeine Gut aber ist an sich und kraft seines Wesens ein Gut; das beschränkte besondere Gut ist nur ein Gut gemäß dem Anteil, den es am allgemeinen Gute hat. Da nun unter allen Dingen der Welt nichts ist, was nicht ein Gut wäre durch Teilnahme am Guten; so folgt, daß das Gute, welches den Endzweck des All oder aller Dinge bildet, nicht in der Welt ein einzelnes Ding sei und nicht alle einzelnen Dinge zusammen.
c) I. Wir erreichen in vielfacher Weise ein Gut; nämlich wie eine Eigentümlichkeit, die in uns besteht und uns innewohnt, z. B. die Gesundheit, die Wissenschaft; — oder wie etwas Gewirktes, so z. B. hat der Baumeister als Zweck das Haus; — oder wie ein Gut, das man besitzt, z. B. einen Acker. Also kann das End-Gute, wohin das All geführt wird, wohl außerhalb des All sein. II. Aristoteles spricht von dem Zwecke der Künste. Von diesen haben einige wie z. B. das Zitherspielen ihren Zweck in sich, andere wie die Baukunst außerhalb ihrer selbst; denn der Zweck des Zitherspielens ist das Spielen selber, der Zweck des Bauens das Haus. Es kann jedoch etwas Außenstehendes Zweck sein wie etwas Besessenes oder etwas Dargestelltes, wie Herkules der Zweck des Bildes ist, das ihn darstellt. So kann also etwas Außenstehendes Zweck des All sein, weil es besessen oder weil es dargestellt wird, wie ja jede Kreatur Gott in ihrer Weise ähnlich ist, an Ihm teil hat und Ihn darstellt. III. Allerdings ist ein Zweck des All ein im All selber bestehendes Gut: nämlich die Ordnung. Dieser Zweck ist aber nicht der letzte Endzweck, sondern ist um des außenbefindlichen Guten willen; wie die Ordnung im Heere zum Heerführer Beziehung hat und dessen Ruhm ist.
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