35. Von dem Bischof Avitus
Als nun, wie wir oben erzählt haben1, zu Arvern der Bischof Cautinus gestorben war, machten sehr viele große Anstrengungen, um das Bistum zu erlangen, indem sie viel Geld ausgaben und noch mehr versprachen. Auch der Priester Eustasius, der Sohn des Evodius, eines damals bereits verstorbenen Mannes von vornehmer römischer Abkunft2, kaufte von den Juden viele Kostbarkeiten und schickte sie durch seinen Verwandten Beregisil dem König, um so durch Vestechung zu erhalten, was ihm feine Verdienste nicht gewinnen konnten. Denn er war zwar angenehm im täglichen Verkehr, aber nicht rein in seinem Wandel und häufig machte er die Franken3 mit seinem Weine trunken, aber die Armen speiste er selten. Und zumeist stand ihm, wie ich glaube, im Wege, wenn er nicht zu seinem Ziele gelangte, daß er nicht durch Gott, sondern durch Menschen diese S. 226 Würde erlangen wollte. Doch sollte auch jenes Wort nicht unerfüllt bleiben, das der Herr durch den Mund des heiligen Quintianus4 sprach: »Niemand wird aus dem Geschlecht des Hortensius kommen, der die Kirche Gottes regiert«5
Als die Geistlichkeit in der Kirche zu Arvern versammelt war, machte ihr der Archidiakon Avitus keine Versprechungen, aber doch erhielt gerade er die Wahlurkunde und ging zum König6. Doch es beabsichtigte ihm Firminus, der die Grafschaft damals in dieser Stadt inne hatte7, Hindernisse zu bereiten. Er ging zwar deshalb nicht selbst zu Hofe, sandte aber einige Freunde dorthin, und diese baten den König, daß er mindestens noch um einen Sonntag8 die Einsegnung des Avitus aufschöbe, wenn dies der König täte, wollten sie ihm tausend Goldgulden geben. Der König schlug ihnen jedoch ihre Bitte ab. So geschah es, daß, nachdem die Bürgerschaft von Arvern insgesamt vereinigt war, der heilige Avitus, der damals, wie wir sagten, Archidiakon war, von der Geistlichkeit und dem Volke erwählt wurde und zum Bischofstuhl gelangte. Der König selbst hielt ihn in so hohen Ehren, daß er ein wenig von der Strenge der KircheUgesetze9 absah und ihn in seiner Gegenwart zu weihen befahl, indem er sagte: »Jch möchte aus seiner Hand das geweihte Brot10 empfangen« Dem König zu Liebe geschah es, daß er zu Metz geweiht wurde. Als er aber das Bistum empfangen hatte, zeigte er sich in allen Dingen als ein trefflicher Bischof, er ließ Recht und Gerechtig- S. 227 keit dem Volke, Hilfe den Armen, Trost den Witwen und kräftigen Beistand den Waisen angedeihen. Wenn ein Fremder zu ihm kommt, wird er so liebreich von ihm empfangen, daß er meint, bei seinem Vater und in seinem Vaterlande zu sein. Und in diesen großen Tugenden möge Avitus noch lange grünen und blühen11 und alles, was Gott gefällig ist, mit treuer Liebe pflegen, die fchändliche Zuchtlosigkeit aus aller Herzen ausrotten und die rechte Keuschheit in Gott darin pflanzen.
Ray. 31. ↩
JUNGE SEUUWVBW Oben Kap.13 ist ein anderer Sohn des Evodius, Sallustius. als Graf von Arvern genannt. ↩
»Die Barbakcn«. I5I, AUUL Z. ↩
B. III. Kurz. Z. ↩
Dies wurde von dem erwähnten Heiligen gegen Hortensius und sein Haus gesagt, weil dieser einem seiner Verwandten nicht Verzeihung angedeihen lassen wollte. Ausführlich erzählt Gregor die Sache im Leben der Väter Kam. IV, Z, wo er auch die eigenen Worte des Quintianus angibt, aber in anderer Form. ↩
Vgl. S. 197, Blum. L. ↩
Katz. 12 und so. ↩
Nur an Sonntagen geschah die Einsegnung der Bischöfe. ↩
Nach den Kirchengesetzen mußte jeder Bischof in seiner Provinz von feinem Metropoliten geweiht werden. Doch kamen Ausnahmen vor. ↩
Vgl. oben S. 202 Anm L. ↩
Avitus war der väterliche Freund Gregors und leitete ihn zuerst dazu an, US HCUISEU Schriften zu lesen, wie Gregor selbst erzählt (Von dem Leben der Väter AND. II, 1.) Sein Todesjahr ist unbekannt; bei Gregor wird er stets als ein noch Lebender behandelt. ↩
