Dritter Artikel. Der Dämon wollte sein wie Gott.
a) Dagegen spricht: I. Was nicht aufgefaßt werden kann, das kann auch nicht erstrebt werden. Daß aber eine Kreatur Gott gleich sein will, kann gar nicht aufgefaßt werden, denn es trägt einen Widerspruch in sich; da das wesentlich Endliche nicht dem wesentlich Unbegrenzten gleich sein kann. II. Was Zweck der Natur ist, wird ohne Sünde erstrebt. Gott ähnlich sein aber ist der Zweck, zu dem hin kraft der Natur bereits jedes Geschöpf strebt. Wollte also der Engel nicht gleich Gott, sondern Gott ähnlich sein, so sündigte er nicht. III. Der Engel hat weit mehr Weisheitsfülle wie ein Mensch. Nur ein Wahnsinniger aber möchte ein Engel sein, geschweige denn Gott. Also, da die freie Wahl nur Mögliches zum Gegenstande haben kann, hat noch weit weniger der Engel Gott sein wollen. Auf der anderen Seite heißt es Is. 14.: „Ich will hinaufsteigen .... und Gott ähnlich sein;“ wozu Augustm (in Quaest. Vet. Test. qu. 113.) bemerkt, „der Teufel wollte voll Hochmut Gott genannt werden.“
b) Ich antworte, daß der gefallene Engel ohne Zweifel dadurch gesündigt hat, weil er sein wollte wie Gott. Das kann aber heißen: Einmal, daß er Gott gleich sein wollte; dann, daß er Gott ähnlich sein wollte. Das erste könnte nicht der Fall sein, denn er wußte kraft seiner natürlichen Kenntnis, dies sei unmöglich; und weder eine Leidenschaft noch ein in seiner Natur vorher eingetretener ungeregelter Zustand band seine Erkenntniskraft, daß er etwa im besonderen einzelnen Falle aus Schwäche der Erkenntnis etwas Unmögliches erwählt hätte, wie das bei uns eintreten kann. Zudem wäre dies gegen das Verlangen der Natur, eine andere Natur zu sein; denn jede Natur will erhalten bleiben in ihrem eigenen Sein. So begehrt der Esel nicht, ein Pferd zu sein; und keine Natur niedrigen Grades begehrt, eine Natur höheren Grades zu sein; denn sie würde eben dann selber nicht mehr sein. Hier täuscht nur die Einbildungskraft manchmal; denn der Mensch möchte bisweilen höher stehen, soweit es einzelne seiner Eigenschaften und Zustände anbetrifft, die da vervollkommnet werden können, ohne daß sein Sein selber vergeht; und dann meint man, oder meint er selbst, er wolle eine höhere Natur einnehmen. Gott aber überragt den Engel seiner ganzen Natur nach und nicht bloß in einer beliebigen Eigenschaft. Also ist dies unmöglich, daß der Engel in seiner Natur hätte Gott oder Gott gleich sein wollen. Ähnlich sein aber Gott kann in zweifacher Art verlangt werden: Einmal so, wie eine Kreatur geeignet und dazu geschaffen ist, Gott ähnlich zu werden. Und wer dies verlangt, der sündigt nicht; wenn er dies nur in gebührender Weise verlangt; nämlich, daß Gott ihm diese Ähnlichkeit verleihe. Denn wenn jemand Gott ähnlich sein wollte in der Gerechtigkeit; aber so, daß er dies aus eigenen Kräften will, nicht weil Gott ihm dazu die Kraft geben muß, so sündigt er. Dann aber kann jemand verlangen, Gott ähnlich zu sein in dem, wonach er ihm nicht ähnlich sein kann; wie z.B. wenn er verlangte, wie Gott, Erde und Himmel zu schaffen; was Gott allein eigen ist. Dies wäre Sünde. Und in dieser Weise hat der Teufel begehrt, wie Gott zu sein; nicht als ob er Ihm überhaupt nicht hätte unterthan sein wollen, da er ja so sein eigenes Nichtsein erstrebt hätte; denn keine Kreatur kann sein ohne Gott. Aber er verlangte ungebührenderweise das als seinen letzten Endzweck, wozu er kraft seiner Natur gelangen konnte; und so wandte er sich ab von der übernatürlichen Seligkeit, welche der Gnade Gottes gedankt wird. Oder wenn er diese letztere Seligkeit verlangt hat, so wollte er sie besitzen auf Grund seiner natürlichen Kräfte und nicht auf Grund des göttlichen Beistandes gemäß der Bestimmung Gottes. Und dies stimmt überein mit den Worten des Anselmus (de casu diaboli cap. 3. et 4.), daß der Teufel begehrte, das zu sein, wozu er gelangt wäre, wenn er die Probe bestanden hätte. Diese beiden Auslegungen fallen gewissermaßen in eine zusammen; denn in jedem Falle wollte er seine schließliche Seligkeit aus eigenen natürlichen Kräften haben; was Gott allein zukommt. Weil aber, was an und für sich ist, das Princip und die Ursache ist für jenes, was durch ein anderes ist; daher kommt es, daß der Teufel auch einen gewissen Vorrang vor anderen erstrebte, worin er ebenfalls ungebührenderweise Gott ähnlich sein wollte. Damit ist die Antwort gegeben auf alle Einwürfe.
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