Neunter Artikel. Mehr Engel blieben in der Gnade als abfielen.
a) Dagegen spricht: I. Der allgemeine Grundsatz, den Aristoteles (ll. Ethic. c. 6.) aufstellt und den die Erfahrung bestätigt: „Das Übel ist weiter verbreitet wie das Gute.“ II. Gerechtigkeit und Sünde sind in den Engeln wie in den Menschen. Mehr Böse sind aber unter den Menschen wie Gute; wie Eklli. 1. sagt: „Der Thoren ist eine unendlich große Zahl.“ III. Die Engel unterscheiden sich nach Personen und nach Rangstufen. Blieben also mehr Personen gut, so scheint es, daß von einzelnen Rangstufen keiner gefallen ist. Auf der anderen Seite heißt es (4. Reg. 6, 16.) mit Rücksicht auf die guten Engel: „Mehr sind mit uns wie mit jenen.“
b) Ich antworte, daß mehr Engel treu geblieben sind wie gefallen. Denn die Sünde ist gegen die natürliche Neigung; was aber gegen die Natur geschieht, ist immer weniger verbreitet, wie die monstra in einer Natur, die Fehlgeburten, immer weit geringer sind als das, was der Richtschnur der Natur folgt. Denn die Natur erreicht ihren Zweck immer oder doch größtenteils.
c) I. Aristoteles spricht da von den Menschen. In diesen aber ist das Übel vorhanden deshalb, weil sie den sinnlichen Gütern folgen, die mehreren bekannt sind; und dafür das ungeschaffene Gut verlassen, welches wenigeren bekannt ist. In den Engeln aber ist keine sinnliche Natur. Deshalb hat dieser Einwurf nichts zu sagen; ebensowenig wie der zweite. III. Für jene, welche meinen, daß der Teufel der höchste war aus der niedrigeren Rangstufe, ist es offenbar, daß von den anderen höheren Rangstufen keiner gefallen ist; sondern nur aus der niedrigsten. Nach jenen aber, welche annehmen, der Teufel sei der höchste aller Engel gewesen, ist es wahrscheinlich, daß von jeder Rangordnung einige fielen; wie in eine jede diese Rangordnungen Menschen aufgenommen werden, um die Gefallenen unter den Engeln zu ersetzen. Und darin findet auch die freie Selbstbestimmung der Kreatur ihre Bestätigung, die auf jeder Seinsstufe zum Übel sich hinneigen kann. In der heiligen Schrift aber werden die Namen mancher Rangordnungen den Dämonen nicht beigelegt wie die der Seraphim und der Throne; denn diese Namen werden hergenommen von der Liebesglut und von der Innewohnung Gottes, was zugleich mit der Todsünde nicht bestehen kann. Beigelegt aber werden den Dämonen die Namen: Cherubim, Gewalten, Fürstentümer; denn dieselben rühren von der Wissenschaft und der Macht her, von Kräften also, welche Guten und Bösen gemeinsam sind.
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