36.
Doch nun zum Exil in Babylon: wenn der Geist Gottes durch seinen Propheten Jeremias dazu aufruft, dorthin zu ziehen (?cf. Jer. 27,9), und auch für jene zu beten, unter deren Herrschaft sie in der Fremde lebten, da in deren Frieden auch ihr eigener Friede begründet sei (cf. Ib. 29,7), und dort Häuser zu bauen, neue Weinstöcke zu pflanzen und Gärten anzulegen (ib. 29,5), wer würde da nicht erkennen, was damit modellhaft angekündigt wird, wenn man sieht, dass auch die wahren Israeliten, in denen keine Falschheit ist (cf. Joh. 1,47), im Auftrag der Apostel mit der Heilsbotschaft des Evangeliums ins Herrschaftsgebiet der Heiden übersiedelten? Daher sagt uns der Apostel gleichsam als Echo auf Jeremias (I Tim. 2,1 ff.): Vor allem anderen fordere ich auf zu Bitten und Gebeten, zu Fürbitten und Danksagungen für alle Menschen, für die Herrscher und alle, die Macht besitzen, damit wir, erfüllt von Ehrfurcht und Liebe, ein ruhiges und ungestörtes Leben führen können. Denn dies ist gut und wohlgefällig vor Gott unserem Retter, der will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Da ja nun als Folge davon auch jene Heiden zum Glauben gelangten, wurden also Wohnstätten des Friedens erbaut, die Basiliken als Versammlungsort der Christen, es wurden neue Rebberge gepflanzt, Gemeinden von Gläubigen, es wurden Gärten angelegt, in denen zwischen allen andern Kräutern jenes Senfkorn herrscht, unter dessen schattiges Laubwerk, das sich nach allen Richtungen mächtig ausbreitet, sich auch der hochstrebende Stolz der Heidenvölker, gleichsam inmitten der Vögel des Himmels, hinflüchtet und dort seine Ruhe findet (cf. Mt. 13,31 f.).
Wenn man dann 70 Jahre später, so wie es der gleiche Jeremias prophezeit hatte (cf. Jer. 29,10), auch noch aus der Gefangenschaft zurückkehrt, und der Tempel neu errichtet wird (cf. Esra 1), welcher Christusgläubige würde das nicht so deuten, dass auch für uns, d.h. die Kirche Gottes, bestimmt ist, nach Ablauf der Zeiten, die im Siebner-Rhythmus der Tage dahineilen, aus dem Exil dieser irdischen Welt ins himmlische Jerusalem zurückzukehren? Durch wen anders wird das geschehen als durch Jesus Christus, den wahren Hohepriester, dessen Modellbild jener Jesus darstellte, der Hohepriester aus jener Zeit, in der der Tempel nach der Gefangenschaft wieder aufgebaut wurde (cf. Esra 3,2)?
Wen sah der Prophet Zacharias im schmutzigen Gewand, und wie ihm dann, als der Teufel, der als Ankläger neben ihm stand, in die Schranken gewiesen war, das schmutzige Kleid ausgezogen und Gewänder der Ehre und des Ruhms angezogen wurden (cf. Sach. 3,1 ff.)? Ebenso wird auch der Leib Christi, d.h. die Kirche, nachdem der Feind am Ende der Zeiten durch das Gericht in die Schranken gewiesen sein wird, aus dem Jammer des Exils in die Herrlichkeit des ewigen Heils aufgenommen. Dies wird auch im Psalm zur Tempelweihe ganz unverhüllt besungen (Ps. 29,12): Du hast meinen Jammer in Freude verwandelt, du hast mir mein härenes Gewand zerrissen und mich mit Freude umgürtet, damit mein Ruhm dich besinge und ich mich nicht quäle.
