5.
Daher schildert er der richtigen Reihenfolge entsprechend nach dem Reuigen den Liebling Gottes und Freund der Tugend, der in der Sprache der Hebräer Noah heisst, in der Sprache der Hellenen „Ruhe" oder „der Gerechte" (1 Mos. 6,9), Bezeichnungen, die für den Weisen sehr passend sind. Klar ist das bei dem Ausdruck „der Gerechte", denn nichts ist besser als Gerechtigkeit, die Herrscherin unter den Tugenden, die wie die Schönste in einem Chorreigen den ersten Platz einnimmt. Er wird aber „Ruhe" genannt, da ja das Gegenteil, die widernatürliche Bewegung, die Ursache der Verwirrungen und Unruhen, der inneren Zwistigkeiten und der Kriege ist: dieser gehen die Bösen nach, das stille, ruhige, beständige, friedliche Leben dagegen suchen die, welche die Rechtschaffenheit hochschätzen. Sich selbst getreu, nennt er auch den siebenten Tag, den die Hebräer Sabbat heissen, „Ruhe", nicht, wie manche glauben, weil sich die Menge immer nach sechs Tagen der gewohnten Arbeiten enthält, sondern weil in Wahrheit die Siebenzahl in der Welt und in uns selbst immerwährend frei von Unruhe, unkriegerisch, nicht zanksüchtig und die friedlichste unter allen Zahlen ist. Beweis für das Gesagte sind die in uns waltenden Kräfte (Philo unterscheidet hier sieben Seelenkräfte; sonst hat er die stoische Einteilung in acht. Vgl. Über die Weltschöpfung § 117.): denn die sechs bewirken den unaufhörlichen und anhaltenden Krieg zu Lande und zu Wasser, nämlich die fünf Sinne und die durch die Sprache sich äussernde Vernunft; jene sind bei ihrem Begehren nach den sinnlichen Dingen, wenn sie sie nicht erlangen, betrübt, und diese schwatzt mit ungezügeltem Munde vieles von dem aus, was zu verschweigen ist. Die siebente Kraft aber ist die des führenden Geistes, der, sobald er über die sechs das Übergewicht gewonnen und sie mit seiner stärkeren Macht überwältigt und sich zurückgezogen hat, weil er das Alleinsein liebt, an dem Umgang mit sich selbst seine Freude hat, keines anderen bedarf und sich selbst vollkommen genügt, dann von den Sorgen und Geschäften des Menschengeschlechts befreit einem stillen und ruhigen Leben sich hingibt.
