8.
so zürnte Gott natürlich darüber, dass das Geschöpf, welches das vorzüglichste zu sein schien und der Verwandtschaft mit ihm durch den Anteil an der Vernunft gewürdigt worden war, anstatt, wie es seine Pflicht war, die Tugend zu pflegen, der Schlechtigkeit und allen Arten von Schlechtigkeit nachging; deshalb verhängte Gott über sie die gerechte Strafe, indem er beschloss, alle damals Lebenden, nicht nur die in der Ebene und in den Niederungen, sondern auch die auf den höchsten Bergen Wohnenden, durch eine Überschwemmung zu vernichten. Das grosse Weltmeer stieg, wie noch nie vorher, hoch empor und drang mit gewaltiger Wucht durch die Mündungen in unsere Meeresteile ein; ihre Fluten überschwemmten Inseln und Festländer, die Wassermassen der nie versiegenden Quellen und der Quellflüsse und Giessbäche vereinigten sich und ergossen sich ineinander und stiegen zu gewaltiger Höhe empor. Auch die Luft blieb nicht in Ruhe, den ganzen Himmel bedeckte ein tiefes und dichtes Gewölk, es kamen unheildrohende Stürme, Donnergekrach, Wetterstrahlen und Blitzschläge, während unaufhörliche Wolkenbrüche niederstürzten, so dass man glauben konnte, die Teile des Weltalls wollten sich eilends in das eine Element des Wassers auflösen, bis die Wogen, da das von oben kommende (Wasser) nach unten stürzte und das von unten kommende hinauf drängte, so hoch gingen, dass durch sie nicht nur das ebene und tiefliegende Land überschwemmt und unsichtbar wurde, sondern auch die Gipfel der höchsten Berge. Alle Teile der Erde versanken unter dem Wasser, so dass es schien, als ob sie ganz hinweggerissen und das Weltall — was weder zu sagen noch zu denken erlaubt ist — in seiner Vollkommenheit um ein grosses Stück geschädigt und verstümmelt sei. Ja sogar die Luft, ausser einem kleinen Teile in der Umgebung des Mondes, wurde von dem Andrang und der Gewalt des Wassers überwunden und verdrängt, und dieses trat an die Stelle jener. Damals also wurden mit einem Male alle Saaten und Bäume vernichtet, denn die Überfülle vernichtet ebenso wie der Mangel —; es starben hin die unzähligen Herden zahmer und wilder Tiere; denn da das beste Geschlecht, das der Menschen, unterging, so war es natürlich, dass auch keines der schlechteren übrig blieb, die doch zum Nutzen der Menschen geschaffen waren und als Sklaven gewissermassen ihren herrischen Befehlen Folge leisten sollten. Wie nun solche und so gewaltige Schläge hereinbrachen, die jene Zeit in Fülle niederströmen liess — denn alle Teile der Welt ausser den himmlischen wurden ja, als ob sie von einer schweren und todesähnlichen Krankheit befallen wären, in unnatürlicher Weise erschüttert —, wurde einzig und allein ein Haus gerettet, das des genannten gerechten und gottgeliebten Mannes, der so die zwei höchsten Gnadengeschenke erhielt: erstens, dass er, wie gesagt, nicht mit allen übrigen unterging, zweitens, dass er wiederum der Ahnherr eines neuen Menschengeschlechts wurde; denn Gott würdigte ihn der Gnade, dass er der letzte und der erste unseres Geschlechts wurde, der letzte der vor der Sintflut und der erste der nach der Sintflut Lebenden.
