Traktat XXVIII. Zu lsaias. VII.1
Brüder, der Wortlaut der Lesung erhebt zwar zunächst gegen das Volk der Juden den Vorwurf der Gottlosigkeit; aber er gilt gleichzeitig auch dem Christen als Mahnung, nicht ebenso zu werden. Denn das Volk der Juden wird geschreckt, damit auch der Christ sich mehr fürchte; das erstere wird gezüchtigt, damit er Fortschritte mache. Es ist eine einfache Weise, zur Glückseligkeit zu gelangen, wenn man an der schweren Erfahrung eines andern lernt, was man selbst vermeiden muß. Man braucht, Brüder, in dieser Sache nicht Worte zu machen, aber man muß tatkräftige Sorge anwenden. Und darüber höret ein paar Worte! Wer dem Zorn Gottes, der allen droht, entgehen will, der muß ihm ohne Schuld und Fehle dienen. Eine Erörterung über den erwähnten Weinberg müßte ihre Grenzen weit stecken; aber ihn in erschöpfender Rede ganz abzugehen, verbietet die Bedeutung der heiligen Geheimnisse, die zum Vollzug drängen. Aber damit doch die Feier eine vollständige sei, vernehmet ein paar Worte darüber! Der alte Weinberg des Herrn war die Synagoge. Es war ein Weinberg, der mit seinen waldartigen Trieben an den regellos umher stehenden Zweigen unansehnlich war; und da er mit seinem Laub in lockerer Weise allenthalben an Stätten des Vergnügens und der Weltlust wucherte, brachte er statt Früchte Dornen, statt Trauben Herlinge. Über diesen unwürdigen Zustand erzürnt, ließ der Herr ihn brach liegen und pflanzte sich nach seinem Willen einen neuen S. 287 Weinberg; es ist die Mutter Kirche; und ihn bebaut er durch die Arbeit der Priester, macht ihn fruchtbar durch fromme Begießung, verknüpft ihn mit dem seligmachenden Holze (des Kreuzes) und lehrt ihn, reichste Lese zu bringen. Und daher kommt es, daß heute aus euren Reihen junge Weinstöcke, die zum Joch emporgezogen waren, glühend vom süßen Naß des treibenden Mostes den Weinkeller des Herrn zur Freude aller gefüllt haben. Und Gott, der allmächtige Vater, wird geben, daß es auch euch im Wachstum eures Glaubens zuteil werde, durch den Herrn Jesus Christus, der gepriesen ist mit dem Heiligen Geiste in alle Ewigkeit.
Js. 5, 1—4. Der Traktat scheint an einem der Tage in der Passionszeit, vielleicht dem Tage der Aufnahme der Kompetenten, vor Katechumenen und Kompetenten gehalten worden zu sein. ↩
