Traktat LVII. Von dem Auszug. IV.1
Wunderbar, geliebteste Brüder, ist die Erzählung aus der heiligen Geschichte, die soeben verlesen ward. Als das Volk Israel im schweren Joch der Gefangenschaft schmachtete und vom König Pharao durch härteste Forderungen in Ägypten zugrunde ging, wurde ihm durch Gottes Barmherzigkeit der Befehl, unter Führung von Moses auszuziehen. Den ihm unbekannten Weg zeigte S. 317 ihm bei Tage nicht die Scheibe der Sonne, sondern eine Wolkensäule, bei Nacht nicht das Lioht des Mondes, sondern eine Feuersäule. Als es sodann zwischen den zwei Elementen stand, mußte es Entsetzen empfinden vor dem Untergang in nahendem Tod. Denn rückwärts sah es sich bedrängt vom drohenden Schwert der verfolgenden Ägypter; anderseits ward es zurückgehalten und abgeschlossen durch den großen Riegel des Meeres. Und es waren keine Schiffe darin, kein Mittel, es überzusetzen. Da teilt sich plötzlich nach Gottes Vorsehung das Meer; rechts und links bilden die Wasserfluten, wie durch kalten Schrecken gezügelt, Mauern wie Glas; und sie warten, bis das Volk Gottes durchgezogen, um für die Verfolger wieder Meer zu sein. 2 Das undankbare Israel wird so auf einen Weg geführt, auf dem es nicht Schwerter und nicht Fluten zu fürchten braucht. Es ist ein wunderbarer Vorgang. Mitten auf dem Meere mit Staub bedeckt, jubelt es, nachdem es um sich blickend sieht, daß der Triumph, der ihm galt, zu seinem Heile unterging im Schiffbruch. Das verkündet stolz der Jude, Brüder, und trotzdem glaubt er in seinem Wahnsinn bis jetzt noch nicht an den Gott, der da gepriesen ist in alle Ewigkeit. Amen.
