Traktat XXXII. Einladung zum Taufbrunnen. III.
Warum stehet ihr da, Brüder? Die fruchtbare Woge hat euch durch euren Glauben empfangen, durch die heiligen Geheimnisse will sie euch gebären. Eilet, eilet, S. 289 so schnell als möglich zum Ziel eurer Sehnsucht!1 Schon erklingt der Gesang des festlichen Hymnus; sehet, bald2 hört man das freudige Wimmern der Kinder; sehet, aus dem einzigen Mutterschoß tritt eine ganze herrliche Schar hervor. Es ist etwas Neues, daß jeder in geistiger Weise geboren wird. Auf denn, eilet hin zur Mutter, die auch dann keine Geburtsschmerzen hat, wenn sie die Kinder, die sie gebiert, nicht mehr zu zählen vermag! Auf denn, tretet ein, ihr Glücklichen, die ihr alle zugleich dieser Mutter Milch trinken werdet!3
ad desiderata quantocius festinate. Gewöhnlich wird als das Ziel der Sehnsucht die Eucharistie gefaßt und auch der folgende Satz: solennis hymnus ecce iam canitur auf einen daraufgehenden Hymnus bezogen. Aber der Traktat gibt sich als invitatio ad fontem, und desiderata ist zunächst die Taufe. Der solennis hymnus ist vermutlich der Psalm 41, der während des Zuges der Täuflinge zum Baptisterium gesungen wurde: Sicut cervus desiderat. Vgl. Trakt. II 36: fratres, quos beatae sitis... ardor incendit. Trakt. II37: cupiditate ac velocitate cervina convolate. ↩
Nach der wohl richtigen Lesart Giuliaris: ecce mox infantium ... vagitus auditur (Ballerini: ecce vox infantium...). ↩
Daß in Verona nach der Eucharistie Milch und Honig gereicht wurde, kann aus dieser Stelle, wie auch aus anderen Stellen bei Zeno kaum geschlossen werden. Doch bezeugt das sogenannte Veroneser Palimpsest der Didaskalie den Brauch, wenn dasselbe für Verona von Bedeutung war. (E. Hauler , Didasc. Apost. fragmenta Veronensia latina (Lipsiae 1900), p. 110. ↩
