Fünfter Artikel. Die Namen, über Gott ausgesagt, bezeichnen nicht das gleiche Wesen, wie in dem Falle, daß diese selben Namen von den Geschöpfen ausgesagt werden.
a) Es scheint, daß, wenn der gleiche Name von Gott und der Kreatur ausgesagt wird, dann auch dieser Name in der Kreatur ebendasselbe der Gattung nach bezeichne wie in Gott. Denn: I. Wie die Vielheit immer sich auf die Einheit zurückführen läßt, so müssen sich auch die verschiedenen Arten in der Bedeutung eines Wortes zurückführen lassen auf eine einheitliche; wie z. B. im Falle, daß das Wort „Hund“ vom Seehunde ausgesagt wird und ebenso vom wahren Hunde der Gattung nach, von jenem nämlich, der bellen kann, es notwendig ist, daß dieser Ausdruck „Hund“ in seiner Anwendung für einzelne Wesen auf eine einige gleichartige Bedeutung sich zurückführen lasse; es bestände ja sonst keine feste Grundlage, warum ich diesen Namen auch anderen Wesen gebe, welche nicht bellen können, also der Gattung nach nicht Hunde sind; trotzdem aber hie und da Gestalt, Farbe oder sonstige Eigenschaften mit diesen gemein haben. Nun finden sich mehrere Arten von Ursächlichkeiten (univoke), welche mit ihren Wirkungen die Art und manchmal auch die Gattung gemein haben, wie z. B. der Mensch den Menschen erzeugt. Andere Arten von Ursachen (äquivoken) giebt es, bei denen das nicht der Fall ist, wo also die Ursache unter einer anderen Begriffsbestimmung sich findet wie ihre Wirkung; wie z. B. die Sonne die Ursache ist von der Erzeugung und dem Wachstum der Pflanze oder allgemeiner von der Wärme. Somit scheint es, daß alle solche Ursächlichkeiten, welche der letzteren Klasse angehören und demgemäß im Verhältnisse zu ihren Wirkungen keine gleichartigen sind, auf die Einheit und Gleichartigkeit im Verursachen zurückgeführt werden müssen, nämlich auf solche, welche zusammen mit ihren Wirkungen der gleichen Gattung angehören und deshalb mit selbigen das Wesen gemeinsam haben. Damit scheint sonach zugleich, daß von allen die erste Ursache mit ihren Wirkungen in der Gattung und dem entsprechenden Begriffen übereinkommt; daß somit, was von Gott ausgesagt wird, die ganz gleiche wesentliche Bedeutung hat, wie insofern es von den Kreaturen gilt. II. Die zweitgenannte Klasse von Ursachen, welcher bloß der Name mit der Wirkung gemeinschaftlich ist, nicht aber die „Art“ oder Gattung, kann keine Ähnlichkeit begründen; denn dafür muß ja immer die maßgebende Richtschnur eben die gemeinschaftliche „Art“ oder Gattung oder Eigenschaft sein. Die Kreaturen aber sind Gott ähnlich. Denn es heißt (Genes. 1.): „Wir wollen den Menschen machen nach unserem Bilde und nach unserer Ähnlichkeit.“ Also scheint es, daß es Aussagen giebt, die von Gott und der Kreatur einer beiderseits gemeinschaftlichen Farm (Eigenschaft, Gattungsform) gemäß ganz gleichmäßig gelten. III. Das Maß ist immer gleicher Gattung wie das Gemessene (10 Metaph.). Gott aber ist für alles Sein das erste Maß. Also ist Er den Kreaturen gleichartig; und gelten dem angemessen die ihm beigelegten Namen gleichmäßig von beiden. Auf der anderen Seite hat, was auch immer in der Weise von mehreren ausgesagt wird, daß nur das Wort ein und dasselbe ist, nicht aber das Verständnis und der Sinn, welcher dem inneren Wesen entspricht, eine ganz und gar ungleichartige Bedeutung in der Aussage; und nur ein Zufall veranlaßt die Gemeinschaftlichkeit des Namens, wie z. B. „Aufziehen“ von der Uhr gesagt wird und von einer gewissen Art und Weise, die Menschen zu verspotten. Kein Name aber kommt Gott zu, der nicht in durchaus wesentlich verschiedener Weise von Gott gelte und von der Kreatur. Denn die Weisheit z. B. ist in der Kreatur eine Eigenschaft, in Gott Wesen; Größe ist in der Kreatur Accidenz und gilt meist nur vom Umfange, in Gott ist sie Macht und wiederum sein Wesen. Ist aber die „Art“, nach welcher bezeichnet wird, eine verschiedene, so ist dies auch der ganze innnere maßgebende Seinsgrund im Dinge. Also ist Gott dem ganzen Sein nach völlig ungleichartig mit der Kreatur und die von beiden Seiten geltenden Namen sind rein zufällig gemeinsam; denn nur der Klang des Wortes ist ein und derselbe. II. Gott ist weiter entfernt von den Geschöpfen, wie die Geschöpfe untereinander. Zwischen manchen Arten von Geschöpfen aber ist nur der bloße Name gemeinsam. Also ist dies um so mehr im Verhältnisse zu Gott der Fall.
b) Ich antworte, es ist ganz unmöglich, daß von Gott und den Kreaturen etwas ausgesagt werde auf Grund des etwa beiden gemeinsamen Wesens oder Gattungsbegriffes. Denn jede Wirkung, von welcher die ganze Kraft der Ursache nicht erschöpft wird, ist dieser letzteren nicht ähnlich dem Wesen nach; sie kommt mit der wirkenden Ursache nicht in ein und derselben Gattung überein; sie erreicht die Natur des Seins der Ursache nicht; — wie z. B. das Sonnenlicht vermittelst seiner einen Kraft vielfache und verschiedenartige Formen in den stofflichen Dingen hier auf Erden hervorbringt, die aber weder einzeln noch zusammen an die Kraft der Sonne heranreichen. So sind nun die vielfachen und voneinander verschiedenen Vorzüge in den Dingen zwar insgesamt im Sein Gottes; aber in vollendeter, einfachster Weise. Deshalb also bezeichnet ein Wort, welches einen Vorzug in der Kreatur meldet, diesen Vorzug, insoweit derselbe dem Wesen nach von anderen Vorzügen verschieden ist. Wenn z. B. vom Menschen ausgesagt wird, er sei weise, so bezeichnet man damit einen Vorzug, welcher verschieden ist von der Natur des Menschen, von seinen Fähigkeiten und »on seinem wirklichen Sein u. dgl. Denn der einzelne Mensch bleibt Mensch, vernünftig, frei, er besteht in Wirklichkeit; mag er auch nicht weise sein. Wird aber dieses selbe Wort „weise“ von Gott gebraucht, so wollen wir damit nicht etwas bezeichnen, was vom Wesen, von der Macht, vom Sein Gottes verschieden ist. Sonach umgreift und umschließt dieses Wort, soweit es vom Menschen gilt, genau das Sein, das von ihm bezeichnet wird. Man will damit nichts anderes anzeigen, als was das Wort „weise“ ausdrückt. Soll es aber von Gott gelten, so ist das nicht der Fall; sondern es wird damit ausgedrückt, daß die bezeichnete Sache unbegreifbar ist und dem Wesen nach unendlich mehr noch in sich hat wie durch das betreffende Wort angezeigt wird. Also wird durchaus nicht auf Grund ein und desselben Wesens oder ein und derselben Natur das Wort „weise“ von Gott und dem Menschen gebraucht. Und dasselbe kann von allen anderen Ausdrücken gesagt werden. Kein Name also wird in dieser Weise, nämlich univoce, von Gott und den Kreaturen ausgesagt. Aber man muß auch das andere Extrem vermeiden; als ob in den bezeichneten Fällen nur einzig und allein der Name, der äußere Klang des Wortes, für die Kreatur und Gott gemeinsam wäre. In diesem Falle würde es nämlich unmöglich sein, aus den Kreaturen in etwa Gott zu erkennen. Es würde dann die Bemühung, aus den Kreaturen Gott bekannt zu machen, auf derselben Stufe stehen, wie etwa die, aus den Eigenschaften des Tieres „Widder“ auf die des Sternbildes „Widder“ zu schließen. Das aber ist sowohl gegen Aristoteles, bei (8. Phys.) vieles von Gott aus den Geschöpfen her beweist; und ebenso gegen den Apostel, der da (Rom. 1. 20.) will, daß man aus dem Sichtbaren zur Kenntnis des Unsichtbaren emporsteige. Es muß deshalb so gesagt werden: Derartige Namen gelten von Gott und der Kreatur gemäß einem gewissen Verhältnisse zwischen Gott und den Kreaturen. Dies kann aber in zweifacher Weise bei solchen Namen eintreten: einmal, je nachdem vieles Beziehung hat zu Einem; wie z. B. „gesund“ ausgesagt wird von der Medizin und vom Urin, insoweit beides zusammen in gemeinschaftlicher Beziehung steht zur Gesundheit des tierischen Körpers und zu derselben sich gemäß eineer gewissen Proportion verhält; die Medizin nämlich als Ursache der Gesundheit, der Urin als deren Zeichen. Dann aber kann das Verhältnis auch so eintreten, daß das eine zum anderen im Verhältnisse steht und nicht beides zu einem dritten; wie dies gilt vom tierischen Körper und von der Medizin, insofern die Medizin die Ursache der Gesundheit ist, welche im tierischen Körper thatsächlich waltet. Und in dieser Weise wird nun, also gemäß einer gewissen Analogie, von Gott und den Kreaturen das Gleiche ausgesagt; und somit weder deshalb, weil beide Telle ein und dasselbe Wesen und somit ein und dieselbe Begriffsbestimmung hätten, pure uuivoce; noch darum, weil ohne irgend einen Grund bloß ein gleicher Name vorhanden wäre, pure aequivoce. Denn wir benennen Gott nur auf Grund der Kreaturen. Und somit wird das, was gleichmäßig von Gott und den Kreaturen Geltung hat, ausgesagt gemäß der Beziehung, die alle Kreaturen insgesamt zu Gott haben, weil Er ihr Princip und ihre Ursache ist, wo alle Vorzüge der Dinge von vornherein ausnahmslos und in hervorragendstem Grade bestehen; wie etwa die Gesundheit im Tiere sich findet und in der Medizin als in der Ursache, und somit der tierische Körper Beziehung hat zur Medizin, wenn auch das Wesen beider völlig ungleich ist. Damit ist die rechte Mitte gefunden. Denn bei einer solchen Analogie, wie sie zwischen Geschöpf und Schöpfer vorhanden ist, besteht kein gemeinschaftliches Wesen, wie bei den rein univoken Dingen; — aber es ist auch nicht der Name allein gemeinschaftlich, wie bei den rein äquivoken. Vielmehr beruht die mehrfache Anwendung des einen Namens auf der wirklichen Verschiedenheit des Verhältnisses, welches all diese betreffenden Dinge zu Einem einhalten; wie z. B. das Gesunde, welches vom Urin ausgesagt wird, dem Zeichen der Gesundheit gilt; und das Gesunde, welches von der Medizin ausgesagt wird, der Ursache der Gesundheit.
c) I. Wohl müssen vieldeutige Ausdrücke schließlich auf eine Grundbedeutung zurückgeführt werden, die am Ende von mehreren Dingen auf Grund des gemeinsamen Wesens und Gattungsbegriffes, also univoce gilt; jedoch hat dies nicht gleichmäßig Wahrheit für die verschiedenen Klassen der einwirkenden Ursachen selber. Es geht da die einwirkende Ursache, welche nicht unter denselben Gattungsbegriff fällt, mit Notwendigkeit voran jener, der da mit der Wirkung die Gattung gemeinsam ist. Die erstere nämlich ist die allgemeine Ursache der ganzen Gattung und kann somit in der Gattung keineswegs mitinbegriffen sein, da nichts den formalen inneren Seinsgrund sich selber geben; also sein kann, ehe es ist. So ist die Sonne wohl Ursache der Erzeugung und Entwicklung hier im Stoffe, ist aber selber außerhalb aller Erzeugung und alles Wachstums. Die zweitgenannte Klasse von Ursachen gehört zusammen mit ihren Wirkungen der nämlichen einen Gattung an, verursacht also nicht speciell und direkt das allgemeine Sein der Gattung, sondern wirkt nur insoweit ein als das Gewirkte etwas Einzelnes, Besonderes, für Zeit und Art Beschränktes ist, und bildet so den Grund, daß das Einzelne als solches Anteil hat an der Gattung. Also kann die wirkende Ursache der ganzen Gattung gar nicht innerhalb der Gattung sein; und ist deshalb notwendig dem Wesen nach geschieden vom Gewirkten, ist eine „äquivoke“. Doch wird diese Ursache besser eine „analogische“ genannt, da sie nicht bloß den reinen Namen gemeinsam hat mit der Wirkung; sondern etwas sich selber Ähnliches bewirkt und sonach eine Beziehung besteht zwischen der Wirkung und ihr. Ähnlich werden auch alle Aussagen in der Rede nicht auf ein gemeinschaftliches „Univokum“ in letzter Linie zurückgeführt, sondern auf ein gemeinschaftliches „Analogisches“. Denn von allem wird das Sein ausgesagt; dieses aber gründet sich nicht auf einen gemeinschaftlichen inneren Seinsgrund, auf die eine Gattung oder Art, sondern beruht: auf der Beziehung, welche alle Geschöpfe als seiende untereinander und zu Gott als dem einen Princip besitzen. II. Die Ähnlichkeit der Kreaturen mit Gott ist unvollkommen; denn sie erstreckt sich weder auf die Einheit in der „Art“ noch in der Gattung. III. Gott ist nicht das gleichgeartete nächste Maß der Dinge; sondern das über alles hervorragende erste, dem alle übrigen Maße unterstehen. Die beiden Gründe der Gegenseite schließen wohl aus, daß von Gott und den Kreaturen das Gleiche auf Grund der gemeinschaftlichen Gattung ausgesagt werde; nicht aber beweisen sie, daß bloß der Name nach dem äußeren Klänge der Worte gemeinsam sei.
