Acht und dreißigstes Kapitel.
1. Nach diesen Verrichtungen fuhr Konstantinus fort mit unnöthigen, an unwürdige und unnütze Menschen ausgetheilten Geschenken1 die Staatseinkünfte zu vergeuden, hierdurch den zinsbaren Unterthanen beschwerlich zu werden, und Leute zu bereichern, welche keinen Vortheil leisten konnten. Denn Verschwendung galt bei ihm für Freigebigkeit. 3. Er war es auch, der die Abgabe Chrysargyrum den Handelsleuten in allen Gegenden auflegte, so wie den Wucherern in den Städten bis zu den geringfügigsten herab; ja auch selbst die Huren ließ er von dieser Abgabe nicht frey. 4. Man konnte daher, wenn die Periode der Entrichtung jener Abgabe sich nahte, welches von vier zu vier Jahren geschah, Wehklagen und Geheul in jeder Stadt wahrnehmen. 5. War die Periode da, so sah man Geisselungen und S. 189 körperliche Züchtigungen derjenigen, welche äusserster Armuth halber diese Abgaben nicht entrichten konnten. 6. Ja Mütter verkauften ihre Kinder, und Väter gaben die Ehre ihrer Töchter preiß, um nur aus deren Gewerbe die Einnehmer dieser Abgaben in Gold und Silber befriedigen zu können.2 7. Um aber auch den Besitzern eines S. 190 glänzenden Vermögens wehe zu thun, übertrug er einem jeden die Ehrenstelle eines Prätors, und forderte unter dem Dekmantel der Ehrenstelle ansehnliche Summen Geldes. 8. Wenn nun die hierzu bestellten Leute in die Städte kamen, so sahe man eine allgemeine Flucht und Abreise in fremde Gegenden, aus Besorgnis, mit Verlust des Vermögens diese Ehrenstelle zu erhalten. 9. Er hatte aber ein Verzeichnis von den Vermögensumständen der Reichen in Händen, welche er mit einer Schatzung belegte, der er den Namen Follis gab. 10. Durch dergleichen Auflagen erschöpfte er die Städte. Denn da auch nach Konstantinus diese Abgabe geraume Zeit fortdauerte, und der Reichthum der Städte in Kurzem erschöpft war, so wurden die meisten von Einwohnern entblößt.
Diesen Vorwurf macht dem Konstantin ebenfalls der über allen Verdacht der Partheilichkeit erhabene Ammianus Marcellinus B. XVI. K 8. indem er sagt, daß Konstantin zuerst unter allen, den Rachen derer, die ihm am nächsten waren, geöffnet habe. ↩
Eine bestimmte Nachricht von den mannichfaltigen Abgaben, ihrer Größe, dem Drückenden derselben und dem Ertrage, wäre allerdings weit zweckmäßiger gewesen, als diese heftigen Ausfälle. Bei den wenigen Hülfsmitteln, welche übrig sind, ist es eben so unmöglich, Licht in diese wichtige Materie zu bringen, als in der Kürze einen vollständigen Begriff davon zu geben. Die Auflagen zu Konstantins Zeiten, wurden entweder von den Güterbesitzern in Form einer Kopfsteuer oder von der Industrie, vom ersten Kaufmann bis zum geringsten Handwerker, und zwar in Gold- und Silbermünze (daher Chrysargyrum), und wahrscheinlich nach Verlauf von vier Jahren gehoben, daher sie auch Lustralsteuer heißt. Unter dem Schein einer freiwilligen Gabe wurde noch beim Regierungsantritte und andern feierlichen Gelegenheiten das aurum coronarium oder Kronengold dargebracht, welches sich eigentlich von der Sitte herschrieb, siegenden Feldherren goldene Kronen zu verehren. Uebrigens ist in Betreff der Auflagen überhaupt nicht zu vergessen, daß ein Gesetze Konstantins (Cod. Theod. L. XI. Tit. VII. Leg. 3. angeführt von Gibbon) mildere Behandlung der unvermögenden Staatsschuldner befiehlt; in Betreff der Lustralsteuer aber zu erinnern, daß es ungewiß ist, ob sie nach Verlauf von vier oder von fünf Jahren gehoben; daß nicht Konstantin, sondern Severus, wie Herr Reitemeier in seiner Anmerkung erinnert, Urheber dieser Steuer, und die Huren zu derselben ihres schändlichen Gewerbes wegen nicht verbunden gewesen. ― Was Zosimus von der Auflage, Follis genannt, sagt, ist äußerst dunkel; der Ausdruck selbst deutet entweder eine aus kleinen Münzen gesammelte größere Summe im Allgemeinen an, und es scheint wirklich hier der generelle Name einer gewissen Auflage, vielleicht Vermögenssteuer der Kapitalisten, zu seyn; oder eine gewisse bestimmte Summe, wie bei den Türken Beutel; wo es Folles von dreifacher Größe gab. ↩
