Sechs und vierzigstes Kapitel.
1. Stolz auf diese angerichtete Niederlage und auf sein Glück, wollte Magnentius nunmehr den Krieg nicht mehr in die Länge ziehen, sondern trat mit seiner ganzen Kriegsmacht den Zug nach Pannonien an. Da er in die Gefilde vor S. 202 Potecium1 gekommen war, welche der, in den Ister sich ergießende Draufluß, wenn er vor Noricum und Pannonien vorbeigeflossen, in der Mitte durchschneidet; so rückte er in Pannonien ein, in der Absicht, nahe bei Syrmium ein Treffen zu liefern. Man erzählt, daß er hierinnen dem Rathe seiner Mutter zuwider handelte, welche ihm dagegen den Weg nach Illyrien zu nehmen, angerathen, und die Wahrheit ihrer Prophezeihungen durch das Eintreffen vieler vorheriger Weißagungen erprobt hatte. Indessen Magnentius überlegte, ob er eine Brücke über den Saufluß schlagen, oder sein Heer auf Schiffen übersetzen wolle; ordnete Konstantius den Philippus an ihn ab; einen Mann, der die höchsten Ehrenstellen bekleidete, und sehr viele S. 203 Klugheit besaß; dem Scheine nach, über Bündniß und Frieden mit demselben zu unterhandeln; in der That aber die Macht des Magnentius, seine Gesinnungen in Absicht auf den Krieg, und was er für Wege zu nehmen gedenke, auszukundschaften. Nicht ferne vom Feinde fand Philippus den Marcellinus, der bei Magnentius den stärksten Einfluß hatte. Mit diesem begab er sich zu selbigem. Magnentius versammelte sein Heer, und hieß Philipp die Ursache seiner Ankunft vortragen. Dieser stellte dem Kriegsheere vor, wie sichs nicht zieme, daß sie, als Römische Unterthanen, Krieg gegen die Römer führten, und vorzüglich gegen den Sohn Konstantins, unter dessen Anführung sie so viele Triumphe über die Barbaren erfochten. Dem Magnentius führte er zu Gemüthe: er solle Konstantins und der seinen Aeltern und ihm selbst erwiesenen Wohlthaten nicht vergessen. Denn von diesem sey er aufgenommen, und mit den größten Ehrenämtern bekleidet worden. Nach diesem Vortrage begehrte er von Magnentius, daß er Italien abtreten, über die Länder jenseits der Alpen2 aber die Herrschaft behalten solle.
Diese Stadt weiß man nicht zu finden; theilt daher im Text das Wort und ließt ποτε κίου [pote kiou], und nimmt alsdenn; ohne auf die Schwierigkeiten der Sprache zu achten, Cium für die Stadt in Niedermösien oder Bulgarien an, was weder nach der Erzählung von der Stellung der kriegführenden Heere angenommen werden kann, noch auf die nähere Bestimung durch den Fluß Drau paßt. Da ohnedies in den Handschriften eine Schwierigkeit bei der Leseart ποτεκίον [potekion] sich zeiget, so hätte man desto eher auf die Vermuthung einer verderbten Leseart kommen sollen, deren Verbesserung Herr Hofr. Heyne in seiner Anmerkung zu dieser Stelle glücklich entdeckt und statt Potecium lieset Petobium, welches das heutige Pettau in Steiermark ist, das an der Drau liegt, und dessen geräumige Ebenen noch jetzo berühmt sind. ↩
Der von Hrn. R. angeführte Zonares B. XII. K. 8. nennt zwar nur Gallien; aber für Zosimus Erzählung bürget die Natur der Sache, denn wie hätte Konstantius gegen den Besitzer von Gallien die Provinzen Spanien und Britannien schützen wollen? ↩
