Zwei und zwanzigstes Kapitel.
[Konstantinus u. Licinius J. 323.] 1. Diese Gefangene vertheilte er in die Städte, gieng nach Thessalonich und legte dorten einen Hafen an, womit es vorher nicht versehen war. Und nun rüstete er sich1 wiederum zum Kriege gegen Licinius. 2. Gegen2 zweihundert Schiffe mit dreißig Rudern ließ er erbauen, und mehr als zwei tausend Transportschiffe zusammen bringen. Sein Fußvolk belief sich auf hundert und zwanzig Tausend; Seesoldaten und Reiter auf zehen Tausend. 3. Auf den Bericht, daß Konstantinus mit Kriegszurüstungen sich beschäftige, sandte Licinius Abgeordnete an die Völkerschaften und legte ihnen S. 158 auf, Kriegsfahrzeuge, und eine wohlgerüstete Macht zu Fuß und zu Pferde aufzubringen. 4. In aller Geschwindigkeit schickten die Aegyptier achtzig Schiffe mit drei Reihen von Ruderbänken; von gleicher Beschaffenheit die Phönicier eben soviele; die asiatischen Ionier und Dorier sechzig; die Einwohner von Cypern dreißig; die Carier zwanzig; die Bithynier dreisig, und funfzig lieferte Afrika. 5. Die Kriegsvölker zu Fuße beliefen sich gegen hundert und funfzig Tausend; die Zahl der Reiter betrug funfzehn Tausend. Diese stellte Phrygien und Kappadocien. 6. In dem Seehafen Piräeus befand sich Konstantins Flotte, und die des Licinius im Hellespont. 7. Bei dieser Einrichtung ihrer beiderseitigen Kriegsmacht, lagerte sich Licinius bei Adrianopel, einer Thracischen Stadt; Konstantinus ließ seine, meist aus griechischen Schiffen bestehende Seemacht aus dem Piräeus absegeln, 8. und rückte zugleich mit seiner Landmacht aus Thessalonich vor und schlug neben dem Ufer des Hebrus, welcher auf der linken Seite von Adrianopel fließt, sein Lager. Licinius stellte sein Heer von dem an der Stadt liegenden Berge an zweihundert Stadien weit, bis zur Vereinigung des Tunsaflusses mit dem Hebrus, in Schlachtordnung und also standen die Heere mehrere Tage gegen einander über. 9. Nun untersuchte Konstantinus die geringste Breite des Flusses und ersann folgende List. Er ließ durch seine Soldaten Holz von dem Berge herabführen und Stricke S. 159 flechten, als gedächte er eine Brücke zu schlagen, und dort über den Fluß zu setzen. 11. Hierdurch hinterging er seine Feinde und brachte auf eine sehr waldichte Anhöhe, worinn er Soldaten versteckt halten konnte, fünf tausend Bogenschützen und achtzig Reiter.3 Er selbst nahm zwölf Reiter, sezte mit diesen über den Hebrus, wo er zugleich am schmalsten und untiefsten war, griff die Feinde, welche dergleichen etwas nicht erwarteten, an, so daß einige niedergemacht wurden, viele in Verwirrung davon flohen, die übrigen aber bestürzt und ganz erstaunt über das unvermuthete Hinübersetzen da stunden. 12. Weil nun die übrige Reiterei sicher, und nach und nach auch das ganze Kriegsheer übersezte, so entstand ein großes Gemetzel. Denn es fielen etwa vier und dreißig Tausend. 13. Gegen Sonnenuntergang begab sich Konstantinus in sein Lager; Licinius hingegen sammelte von den Seinigen, so viele er konnte, und eilte durch Thracien, um seine Flotte zu erreichen.
Nach einem ungenannten Schriftsteller, den Valesius herausgegeben, und Hr. Reitemeier anführt, hätte Licinius aufgebracht, daß Konstantin im Kriege gegen die Gothen durch sein Land den Marsch genommen, die Kriegszurüstungen eigentlich zuerst gemacht. ↩
Diese Bedeutung, die der Lat. Uebersetzer nicht ausdruckt, hat hier das _εἰς [eis] s. Vig. Idiot. L. gr. P. 455. S. ↩
Hr. R. vermuthet, daß die hier genannten Soldaten insgeheim über den Fluß gesezt seyen, weil es sich sonst nicht denken lasse, daß sie auf dem diesseitigen Ufer den jenseits postirten Feind hätten angreifen können. ↩
