XXXII. (Mauriner-Ausgabe Nr. 82) An Athanasius, Bischof von Alexandrien
Inhalt: Basilius wendet sich angesichts der Notlage der Kirche an Athanasius mit der Bitte, an mehrere Bischöfe, die von ihm die Initiative erwarten, ein Zirkularschreiben zu senden. Sollten die Bischöfe ihm aber wenig vertrauenswürdig scheinen, so möge er den Brief zur klugen Weitervermittlung an ihn adressieren. — Abfassungszeit 371/372.
Wenn wir auf die Verhältnisse sehen und die Schwierigkeiten betrachten, durch die jede gute Energie wie von einer Fessel gehemmt und niedergehalten wird, so geraten wir in völlige Verzweiflung an uns selbst. Wenn wir aber dann wieder auf Deine Ehrwürden sehen und bedenken, daß unser Herr Dich zum Arzte für die Krankheiten in den Kirchen bestellt hat, so fassen wir wieder Mut und erheben uns wieder aus der Tiefe der Verzweiflung zur Hoffnung auf bessere Tage. Die ganze Kirche ist in Auflösung, wie auch Deiner Einsicht nicht verborgen. Du siehst ja gleichsam von der hohen Warte eines beobachtenden Geistes herab alles und jedes. Es ist hier jetzt so, wie wenn auf dem Meere viele zugleich eine gemeinsame Fahrt machen und dann durch die Gewalt der Wogen alle aneinandergetrieben werden — es kommt zu einem Schiffbruch, einerseits schuld des äußern Anstoßes, der die See gewaltig erregt, anderseits schuld der Verwirrung der Fahrenden, die aufeinander rennen und sich gegenseitig stoßen. Es genügt, bei diesem Bilde es zu belassen, da weder Deine Weisheit mehr S. 130 verlangt, noch die Umstände uns eine freimütige Sprache erlauben. Wer ist nun in diesem Falle ein tüchtiger Steuermann? Von wem darf man mit Vertrauen erwarten, daß er den Herrn aufweckt, damit er dem Winde und dem Meere gebiete1? Wer anders als der, der von Jugend auf in den Kämpfen um den wahren Glauben sich erprobt? Weil nun jetzt unter uns alles, was noch am Glauben gesund ist, ehrlich für den Zusammenschluß und die Einigung der Gleichgesinnten bereit ist, so erlauben wir uns beherzt den Anruf an Deine Langmut, Du mögest an uns alle ein (gemeinsames) Schreiben richten mit der Mahnung zu praktischem Handeln. Denn so wollen sie es, daß von Dir der Anfang zu Einigungsbesprechungen gemacht werde. Da sie Dir aber bei der Erinnerung an das Vorausgegangene verdächtig erscheinen mögen, so mach’ es so, frömmster Vater: Schick mir die Briefe an die Bischöfe entweder durch einen Deiner Vertrauten oder auch durch unsern Bruder und Mitdiakon Dorotheus! Ich werde sie dann nicht eher weitergeben, als bis ich von ihnen Antwort bekommen. Andernfalls „werde ich Dir gegenüber Schuldner sein alle Tage meines Lebens2”. Gewiß wäre dies Wort für den, der es zuerst zu seinem Vater sprach3, nicht furchtbarer, als es jetzt für mich ist, der ich zu meinem geistlichen Vater spreche. Solltest Du aber ganz und gar dagegen sein, so entschuldige wenigstens unsern Diensteifer (in dieser Sache), da wir ohne List und Nebenabsicht nur aus Verlangen nach dem Frieden und dem gegenseitigen Zusammenschlusse der uns bezüglich des Herrn gleichgesinnten Kreise die Rolle eines Gesandten und Vermittlers übernommen haben.
