XXV. (Mauriner-Ausgabe Nr. 55) An den Priester Paregorius
Inhalt: Basilius gebietet unter Androhung der Exkommunikation einem Priester Paregorius, die nicht verwandte Haushälterin zu entlassen und eine männliche Bedienung zu suchen, schon um den bösen Schein zu meiden. — Verfaßt beim Antritt des bischöflichen Amtes.
Ich habe Dein Schreiben in aller Langmut gelesen und habe mich wundern müssen, wie Du, der Du doch so kurz und leicht vor uns in den fraglichen Punkten Dich rechtfertigen könntest, es über Dich bringst, den gerügten Mißstand beizubehalten, und wie Du den unheilbaren Zustand mit langen Reden zu heilen versuchst. Wir sind weder die ersten noch die einzigen, Paregorius, die das Gesetz erlassen haben, daß Frauen nicht mit Männern zusammenwohnen sollen. Lies nur den Kanon, der von unsern heiligen Vätern auf der Synode von Nizäa aufgestellt worden ist, der ausdrücklich das Zusammenleben mit nichtverwandten Frauenspersonen untersagt1. Die Ehrwürdigkeit eines ehelosen Lebens liegt eben im Verzicht auf das Zusammenleben mit einem Weibe. Wer daher nur mit dem Munde die Ehelosigkeit gelobt hat, in Wirklichkeit aber das tut, was den Vermählten zusteht, der sucht offenbar die Ehrwürdigkeit der S. 112 Jungfräulichkeit nur dem Namen nach, da er ja der unziemlichen Lust sich nicht enthält. Umso mehr hättest darum Du auf unsere Vorstellung eingehen sollen, zumal Du ja sagst, von jeder sinnlichen Leidenschaft frei zu sein. Ich glaube ja nicht, daß ein Siebzigjähriger mit einem Weibe leidenschaftlich zusammenlebt. Auch haben wir unsere Verfügung nicht auf ein unstatthaftes Vorkommnis hin getroffen, sondern weil wir uns vom Apostel belehren ließen, dem Bruder keinen Anlaß zum Ärgernis zu geben2. Wir wissen aber, daß das, was von manchem ordnungsgemäß geschieht, für andere Anlaß zur Sünde wird. Daher befahlen wir, folgend der Verordnung der heiligen Väter, daß Du Dich von der Weibsperson trennest. Warum also klagst Du den Landbischof an und erinnerst an eine alte Feindschaft? Und warum tadelst Du uns denn, als ob wir für Verleumdungen leicht zugänglich wären, und nicht vielmehr Dich selbst, der Du es nicht über Dich gewinnen kannst, vom Umgange mit der Frauensperson abzustehen? Entferne sie also aus Deinem Haus, und schicke sie in ein Kloster3! Sie soll bei Jungfrauen sein4, und Du laß Dich von Männern bedienen, damit nicht Euretwegen der Name Gottes gelästert werde. Solange Du das nicht tust, werden die tausend und abertausend Worte in Deinen Briefen Dir nichts nützen; vielmehr wirst Du als Säumiger sterben und dem Herrn wegen Deiner Lauheit S. 113 Rechenschaft schulden. Wagst Du es aber, ohne Dich zu bessern, des Priesteramtes weiterzuwalten, so sollst Du exkommuniziert sein von allem Volke. Auch die, welche Dich aufnehmen, sollen in der ganzen Kirche aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden.
Der dritte Kanon verbietet, daß andere Frauenspersonen als Mütter, Schwestern und Tanten bei Geistlichen wohnen. Συνείσακτοι [Syneisaktoi] oder extraneae (auch subintroductae) hießen die Nichtverwandten. Schon die Synode von Ankyra 314 (can. 19) war gegen das Syneisaktentum. ↩
Röm. 14, 13. ↩
‚μοναστήϱιον‛ [monastērion] nannte man ursprünglich die Hütte oder Zelle eines Einsiedlers, später auch eine größere Zellenkolonie. — Bei Basilius kommt das Wort vereinzelt vor wie übrigens auch das synonyme ‚ἀσκητήϱιον‛ [askētērion] und auch selten genug ‚σύνταγμα‛ [syntagma]. Wie zahlreich die ‚μοναστήϱια‛ [monastēria] (speziell für Jungfrauen) zur Zeit des Basilius waren, läßt sich schwer berechnen. Gregor von Nazianz (Or. in laud. Bas. c. 62; MPG XXXVI 577 B) sagt von Basilius ganz allgemein, er hätte ‚ἀσκητήϱια και μοναστήϱια‛ [askētēria kai monastēria] miteinander verbunden. Anderswo (Or. IV. c. Jul. I, c. 73; MPG XXXV, 597) redet Gregor von ‚χιλιάδες καἰ μυϱιάδες‛ [chiliades kai myriades] von Klosterkolonien für seine Zeit. ↩
Die „Verweisung” in ein Kloster soll hier also keine strafweise Verstoßung sein, sondern die Einweisung in die Stätte, die allein als Heim und dauernder Aufenthalt einer (gottgeweihten) Jungfrau entsprach. ↩
