III. (Mauriner-Ausgabe Nr. 4) An Olympius
Inhalt: Basilius dankt höflich seinem Freunde Olympius für übersandte Geschenke und hält ihm humorvoll vor, daß er die ihm so traute Armut aus seiner Einsamkeit vertrieben habe. — Der Brief stammt aus der Zeit seiner ersten Retraite ca. 358.
Was tust Du, Wunderlicher, daß Du unsere liebe Freundin und Amme der Philosophie, die Armut, aus der Einöde verscheuchst? Ich glaube: wär’ ihr die S. 19 Sprache gegeben, Du hättest von ihr die Anklage auf Vergewaltigung zu fürchten. (Sie würde klagen:) „Ich wünschte mit diesem Manne zusammenzuwohnen, der bald den Zeno1 lobt, welcher, bei einem Schiffbruch all seiner Habe verlustig gegangen, nichts Unmännliches verlauten ließ, sondern sprach: ,Gut so, Schicksal, du jagst uns wieder in den abgetragenen Mantel2 zurück’, bald den Kleanthes3 preist, der um Lohn Wasser aus dem Brunnen schöpfte und damit für sich den Lebensunterhalt gewann und zugleich seine Lehrer zahlte. Auch den Diogenes konnte er nie genug bewundern, der seine Ehre darein setzte, daß er sich einzig mit dem begnügte, was ihm die Natur bescherte, der gar den Becher wegwarf, wie er von einem Knaben gelernt, sich bückend aus hohler Hand zu trinken4.” — Diese und derartige Vorwürfe würde Dir wohl unsere Hausfreundin, die Armut, machen, wo sie sich jetzt durch Deine reichen Gaben aus dem Haus gejagt sieht. Sie würde aber auch eine Drohung beifügen: Sollte ich dich hier wieder in die Gewalt bekommen, — als eine sizilische oder italienische Schlemmerei wird dir deine frühere Lebenshaltung vorkommen. So peinlich gewissenhaft werde ich dich meine Macht fühlen lassen.
Doch genug hievon! Ich freute mich, zu hören, daß Du mit Deiner Heilmethode begonnen hast; ich wünsche, sie möge gut anschlagen. Deine fromme Seele darf einen leidlosen Dienst des Körpers beanspruchen5.
Gründer der Stoischen Schule († 262 v. Chr.). ↩
τϱιβώνιον [tribōnion] (oder τϱίβων[tribōn]) ist ein schäbiger Mantel, wie ihn die Spartaner, später die Philosophen und schließlich die Mönche zu tragen pflegten, gewöhnlich Sinnbild einer genügsamen Lebensweise. ↩
Stoischer Philosoph aus Assos in Troas († 232/231 v. Chr.). ↩
Auch der ägyptische Aszet Nilus berichtet (de vol. paup. c. 39 ; Migne, Patrol. s. Gr. LXXIX, 1017) von diesem Zug der Bedürfnislosigkeit des Diogenes (wie ähnlich Diogenes Laertes IV, 37). Vgl. J. Stiglmayr in Zeitschrift f. kathol. Theologie Bd. XXXIX. S. 577. ↩
An denselben Olympius sind außer zwei weiteren Briefen (Nr. 131 und 211) zwei herzlichst gehaltene Freundschaftsbillets adressiert, die Nr. 12 und 13, in welch letzterem er sagt: Wie alles, was zeitigt, zu seiner Zeit kommt, im Frühjahr die Blumen, im Sommer die Ähren, im Herbste das Obst, so sind des Winters Früchte die Gespräche. ↩
