XIII. (Mauriner-Ausgabe Nr. 24) An Athanasius, den Vater des Bischofs Athanasius von Ankyra
Inhalt: Basilius beruhigt den Adressaten. Verleumdungen, wie solche wohl auch über dessen Kindererziehung laut geworden, nicht leicht Glauben zu schenken. — Geschrieben ist der Brief vor 369.
Daß eines Menschen Leben über Verleumdungen erhaben sei, gehört zum Allerschwierigsten, um nicht zu S. 58 sagen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das ist meine Überzeugung, und ich glaube, daß auch Deine Biederkeit daran nicht zweifelt. Aber von sich aus keinen Anstoß geben, weder denen, die genau auf die Dinge achten, noch jenen, die aus Bosheit unsern Schwächen auflauern, das ist möglich und auch Pflicht derer, die einsichtig und der Gottesfurcht entsprechend ihr Leben einrichten. Uns aber wähne nicht so einfältig und so leichtgläubig, daß wir kritiklos vom nächsten Besten Verleumdungen anhören. Wir sind eingedenk der Mahnung des Geistes, leerem Gerede kein Gehör zu schenken1. Indes Ihr aber selbst sagt, Ihr, die Ihr Euch mit Rhetorik abgegeben habt, das Sichtbare deute das Unsichtbare an, so sind wir der Meinung — Du darfst es mir nicht übel nehmen, wenn wir etwas im Lehrton vortragen; denn was der Welt schwach und niedrig gilt, das hat Gott auserwählt2 und bewirkt dadurch oft das Heil derer, die gerettet werden —, was ich also sage und wozu ich ermahne, ist das: Man muß bei jeder Rede, bei jeder pflichtschuldigen Handlung behutsam vorgehen und darf nach der Weisung des Apostels nie und nirgends Anstoß geben3. Ich finde es in der Ordnung, daß das Leben eines Mannes, der sich viel mit Wissenschaft abgegeben, über Völker und Städte regiert hat und eine große Tüchtigkeit bei den Vorfahren zum Vorbild hat, als ein Muster der Tugend dastehe. Deine Fürsorge um die Kinder soll sich jetzt nicht in Worten äußern, wie Du es ja längst getan hast, seitdem Du Vater geworden. Deine Liebe sei auch keine bloß natürliche Zuneigung, wie sie die unvernünftigen Tiere gegen ihre Jungen hegen, wie Du ja auch selbst sagtest und die Erfahrung lehrt. Vielmehr mußt Du die Liebe erweitern, natürlich aus freiem Antrieb — und das umso mehr, als Du siehst, wie Deine Kinder sich nach den Wünschen des Vaters richten. Davon brauchen wir uns nicht erst überzeugen zu lassen; uns ist Zeugnis genug der tatsächliche Erfolg. Wenigstens noch das eine der Wahrheit wegen hinzuzufügen scheint mir nicht S. 59 unangebracht, daß nicht der Bruder Timotheus, der Landbischof, es ist, der uns das Gerücht hinterbracht hat. Er scheint weder mündlich noch brieflich etwas über Dich geäußert zu haben, was mehr oder weniger Verleumderisches enthalten hätte. Doch damit bestreiten wir nicht, etwas gehört zu haben. Nur ist es nicht Timotheus, der wider Dich die Verleumdung ins Werk setzte. Überhaupt werden wir, wenn wir etwas zu hören bekommen, wenn nichts anderes, doch wenigstens das tun, was Alexander tat: das eine Ohr werden wir dem offenhalten, der verleumdet wird4.
