XCI. (Mauriner-Ausgabe Nr. 339) Basilius an Libanius
S. 334 Inhalt: Basilius überläßt dem Libanius die Palme der Beredsamkeit und erklärt, die Sophisten mit Moses und den Propheten vertauscht zu haben.
Was kann nicht ein Sophist sagen, zumal ein solcher Sophist, der ja, wie zugegeben, die eigenartige Fertigkeit hat, beliebig aus Großem Kleines und aus Kleinem Großes zu machen? So etwas hast Du ja auch uns vorgemacht. Denn jenen ordinären Brief, wie Ihr rhetorische Feinschmecker Euch ausdrücken möget, in keiner Weise genießbarer als der, den Du eben in der Hand hast, lobtest Du so sehr, daß Du durch ihn Dich für besiegt erklärtest und uns im Schreiben den Vorrang einräumtest. Damit handeltest Du wie Eltern bei den Spielen, wenn sie ihre Siege an die Kinder abtreten und diese sich damit brüsten lassen. Sie verlieren damit selber nichts, nähren aber den Ehrgeiz ihrer Kinder. In der Tat, ich kann nicht sagen, wie reizend Dein Schreiben war in dem Scherze, den Du mit uns triebest. Es war gerade, wie wenn ein Polydamas oder Milo1 den Faust- oder Ringkampf mit mir ablehnte. Denn bei aller Betrachtung fand ich keine Spur von Schwäche. Sogar diejenigen, die in ihren Ausdrücken recht überschwenglich sind, bewunderten hier Deine Gewandtheit, mit der Du scherzend so sehr Dich zu uns herablassen konntest, mehr, als wenn Du einen Barbaren zu Schiri über den Athos2 geführt hättest. Allein jetzt gehen wir, bewundernswerter Mann, mit Moses und Elias und ähnlichen seligen Männern um, die uns in barbarischer Sprache3 ihre Lehren vortragen; was wir von ihnen übernehmen und vortragen, ist wohl (sachlich) wahr, aber im S. 335 Ausdruck unbeholfen, wie es sich von selbst versteht. Haben wir auch von Euch etwas gelernt, so haben wir es im Laufe der Zeit vergessen. Du aber schreib uns und wähle andere Themen für Deine Briefe, die Dich kennzeichnen und uns nicht beschämen.
Des Anysius Sohn habe ich Dir bereits als meinen Sohn vorgestellt. Wenn er aber mein Sohn ist, dann ist er des Vaters Kind, des Armen armes Kind. Was das heißen soll, ist einem weisen Manne und Sophisten bekannt.
