LXX. (Mauriner-Ausgabe Nr. 227) Beruhigungsschreiben an den Klerus von Kolonia1
Inhalt: Der Bischof Euphronius von Kolonia wurde nach Nikopolis versetzt, was der Klerus von Kolonia sehr tragisch nahm und zum Teil gar mit Drohungen beantwortete. Basilius lobt die Anhänglichkeit, tadelt aber das unbesonnene Übermaß, beruhigt die Geister und macht ihnen Hoffnung auf einen Besuch. — Abfassungszeit 375.
Was ist so schön und wohlgefällig bei Gott und den Menschen wie eine vollkommene Liebe? Sie ist „die Erfüllung des ganzen Gesetzes2”, sind wir von dem weisen (Völker-) Lehrer belehrt worden. Daher billige ich Euren Feuereifer für Euren Hirten. Denn es erträgt kein Kind, das seinen Vater liebt, daß man ihm den guten Vater nimmt, und keine Gemeinde Christi will ihren Hirten und Lehrer ziehen lassen. Ihr gebt daher in Eurer überschwenglichen Liebe zu Eurem Bischofe einen Beweis Eurer schönen und guten Gesinnung. Allein diese Eure gute Gesinnung gegen Euren geistlichen Vater verdient nur insoweit Lob, als sie Maß und Ziel kennt; geht sie aber über die Grenzen, verdient sie nicht mehr die gleiche Aufnahme. Mit unserm gottliebenden Bruder und Mitarbeiter Euphronius ist eine treffliche Wahl S. 278 getroffen worden von denen, denen die Verwaltung der Kirche anvertraut ist, eine Wahl, für den Augenblick so notwendig und von Vorteil sowohl für die Kirche, in die er versetzt, wie für Euch selbst, denen er genommen wurde. Seht darin nicht eine menschliche Verfügung oder eine Maßnahme irdisch spekulierender Leute, sondern seid überzeugt, daß die mit der Obhut der Kirchen Gottes Betrauten unter dem Beistand des Geistes das verfügt haben! Schenkt dieser Entschließung Eure volle Aufmerksamkeit und tut Euer Bestes, ihr zum Gelingen zu verhelfen! Nehmt also ruhig und mit Dank das Geschehene auf in der Überzeugung, daß die gegen die kirchlichen Maßnahmen der Auserwählten Gottes Widerspenstigen der Anordnung Gottes widerstrebten3. Rechtet nicht mit Eurer Mutter, der Kirche von Nikopolis! Zürnt denen nicht, welche die Sorge für Eure Seelen übernommen haben! Denn solange die Kirche von Nikopolis besteht, wird auch Euer Teil Bestand haben; es wird mit dem Ganzen doch auch der Teil zugrunde gehen. Wie Flußanwohner, die weit ab von ihnen Leute Dämme gegen die Gewässer aufführen sehen, wohl wissen, daß diese auch für ihre Sicherheit sorgen, wenn sie den Andrang der Fluten hemmen, so tragen auch diejenigen, welche jetzt die Last der Sorge für die Kirche übernommen haben, mit der Obhut über die andern für Eure Sicherheit Sorge; und Ihr werdet vor aller Beunruhigung beschützt sein, da andere die kriegerischen Vorstöße auffangen. Auch müßt Ihr das beherzigen, daß er nicht Euch verstieß, sondern andere mit hinzunahm. Wir sind doch wohl nicht so neidisch, daß wir den, der seine Gaben auch an andere verteilen kann, zwingen wollten, Euch ausschließlich die Gabe zu reservieren und auf Euren Kreis einzuschränken. Weder der, der eine Quelle verstopft und den Ausfluß des Wassers hemmt, noch der, welcher eine ausreichende Lehrkraft nicht auf weitere Kreise wirken läßt, ist frei vom Laster des Neides. So soll er also auch die Sorge für Nikopolis tragen, und die Sorge für Euch soll eine Zugabe sein für seine dortigen. So hat der Mann mehr S. 279 Arbeit bekommen; doch die Sorge für Euch ist nicht verringert. Aber das schmerzte mich tief und schien über das Maß zu gehen, daß man sagte: Wenn wir unsern Willen nicht durchsetzen, dann werden wir die Richterstühle angehen und für den vorliegenden Fall Leute bestellen, denen der Ruin der Kirchen ihr Hauptwunsch ist. Laßt Euch doch niemals von ungestümen Eiferern dazu bereden, etwas vor die Öffentlichkeit zu zerren, und möge daraus keine Katastrophe erwachsen! Die Wucht der Ereignisse würde auf die Häupter derer gewälzt, die den Anlaß gegeben hätten. Hört vielmehr auf unsern Rat, den wir in väterlicher Liebe Euch geben, und fügt Euch der Verordnung der gottliebenden Bischöfe, die entsprechend dem Willen Gottes getroffen wurde! Auch dürft Ihr, so der Herr will, mit einem Besuche von uns rechnen, und ich werde dann Euch alles, wozu ich Eure Gewissenhaftigkeit in dem Briefe nicht ermahnen konnte, persönlich ans Herz legen und mich bemühen, Euch tatsächlich allen möglichen Trost zu bringen.
In Armenien. Nach dem Tode Theodots v. Nikopolis hat der von Basilius eingesetzte Bischof Poemenius von Satala in Armenien den orthodoxen Bischof Euphronius von Kolonia nach Nikopolis transferiert. Vgl. hierzu Loofs, Eustathius von Sebaste (Halle 1898) S. 13 f. ↩
Vgl. Röm. 13, 10. ↩
Vgl. Röm. 13, 2. ↩
