Neun und dreißigstes Kapitel. Schlacht mit den Gruthungern und ihre Niederlage.
[J. 386.] 1. Der Feldherr Promotus erfuhr alles dieses von denen, die er auf die Verrätherei abgeschickt hatte, und machte seine Anstalten gegen den Plan der Barbaren. Er stellte die Schiffe mit den Vordertheilen gegen einander, und zwar drei Schiffe in die Tiefe, dachte aber besonders darauf, sie recht auszudehnen, so daß sie in die Länge zwanzig Stadien von dem Ufer des Flusses einnahmen, und er auf diese Art dem Feinde die Ueberfahrt abschnitt. Mit den übrigen1 gieng er denjenigen, die in den Kähnen herüber zu schiffen wagten, entgegen, und versenkte, was ihm in den Weg kam. Die Nacht war dunkel. 2. Die Barbaren, welche die Zurüstungen der Römer S. 68 nicht wußten, begannen ihre Unternehmung, stiegen in die Kähne, und wähnten, den Römern sey ihr Entwurf gänzlich unbekannt. 3. Als nun die Zeichen gegeben waren2, schifften die Urheber der Verrätherei, die dem Feldherrn alles voraus gemeldet, und nach den Zurüstungen der Barbaren eingerichtet hatten, mit großen Schiffen, unter dem stärksten Rudern, heran3, und versenkten, was ihnen entgegen kam, so daß keiner, der aus dem Kahne fiel, wegen der Schwere der Rüstungen im Stande war, sich zu retten. 4. Diejenigen Kähne aber, die den heranschiffenden Römern entgiengen, und den in die Länge gestellten Fahrzeugen in die Hände fielen, waren jeder Art von Geschossen ausgesetzt, und giengen mit der Mannschaft zu Grunde, so daß keiner die Kette der Schiffe durchbrechen konnte. 5. Da nun so viele getödtet wurden, als niemalen in einer der ehemaligen Seeschlachten, so füllte sich der Strom mit Leichnamen und solchen Waffen, die sich über dem Wasser halten konnten. Diejenigen, die im Stande waren, durch Schwimmen zu entrinnen, geriethen auf die Felsen4 an dem Ufer des S. 69 Stroms, und kamen auch um. 6. Als nun alle junge Mannschaft der Barbaren zu Grunde gerichtet war, wandten sich die Soldaten zur Beute, führten alle Kinder und Weibsleute gefangen davon, und bemächtigten sich auch des Gepäckes. 7. Izt rief der Feldherr Promotus den Kaiser Theodosius, der nicht ferne war, herbei, und machte ihn zum Zeugen des Sieges. 8. Wie er die Menge der Gefangenen, und die Masse der Beute sahe, entließ er die Gefangenen fesselfrei, und erfreuete sie mit Geschenken. Durch diese Gütigkeit suchte er sie zu ermuntern, daß sie zu ihm übergiengen, und überhaupt ihn im Kriege gegen den Maximus unterstützten. 9. Promotus blieb zur Bewachung Thrakiens auf seinem Posten, und schickte sich insgeheim zum angegebenen Kriege. Etwas ähnliches, das zur nämlichen Zeit geschahe, verdient doch erzählt zu werden.
Diese Schlachtordnung scheint so zu verstehen zu seyn. Den rechten Flügel seiner Flotte stellte er unbeweglich ans Ufer, daß er da die Annäherung des Feindes gegen das Ufer erwarten sollte. Mit dem linken blieb er oberhalb des Stroms in der Mitte, um mit dem vollen Laufe der Donau und zu gleicher Zeit mit Hülfe der Ruder (§. 3.) auf diejenigen einzufallen, die er unterwegens antraf. Die beiden Participien ἀπαντῶν [apantōn] und καταδύων [katadyōn] scheinen für ἀπαντήσων [apantēsōn] und καταδύσων [katadysōn] zu stehen. ↩
Daß die Barbaren abstießen. ↩
Es scheint also, daß sie, sobald sie die Barbaren zur Abfahrt bereit sahen, sich heimlich auf die Schiffe des linken Flügels des Promotus begeben haben. ↩
Die Gelehrten sind unentschlossen, was sie aus dem παροῖς [parois] des Textes machen sollen. Leunclav will παροῦςι [parousi] lesen ― und dieses wäre alsdann so zu verstehen, daß aus den Schiffen des linken Flügels einige Römer ans Land stiegen, um die Schwimmenden zu empfangen ― Syllburg muthmaßt πλοίοις [ploiois] ― Heyne vermuthet, es sey ein Wort ausgefallen, und es sollte heißen τοῖς π. τ. κ. παρατείνουσι σκοπέλοις [tois p. t. k. parateinousi skopelois]. ↩
