Sechs und funfzigstes Kapitel. Innerliche Gährung zwischen den Anführern der Barbaren.
1. Beim Antritte der Regierung hatte Theodosius einige Barbaren in seine Freundschaft undBundsgenossenschaft aufgenommen, und sie theils mit Hoffnungen, theils mit Geschenken begabt. S. 95 2. Die Anführer eines jeden Stammes ehrte er auf alle mögliche Art, und würdigte sie seiner Tafel. 3. Sie trennten sich in ihren Meinungen so sehr, daß wirklich ein Zank unter ihnen entstund. 4. Denn einige behaupteten, es sey ihr Vortheil, den Eid nicht zu halten, den sie geschworen hatten, als sie sich den Römern ergaben: die andern aber, man dürfe schlechterdings nichts gegen den Vertrag thun. 5. Derjenige, der die Treue brechen wollte, und die Männer seines Stammes dazu ermunterte, hieß Priulphus: Fraustius aber gab sich alle Mühe, daß seine Landsleute den Schwur hielten. 6. Daß dieser Streit unter ihnen war, wußte man lange nicht. 7. Allein als sie einst der kaiserlichen Tafel gewürdigt, und lange getrunken wurde, brachen sie in gegenseitigen Unwillen gegen einander aus, und entdeckten die Gesinnung, die jeder hatte: der Kaiser aber, der nur eines jeden Meinung erfuhr, hob das Gastmahl auf. 8. Bei ihrer Entfernung von dem Pallaste wurden sie so sehr erbittert, daß Fraustius, vom Zorne überwältigt, das Schwerd zog, und den Priulphus tödtete. 9. Nun wollten die Soldaten des Priulphus den Fraustius überfallen: allein die kaiserlichen Trabanten stellten sich darzwischen, und verhinderten den weiteren Ausbruch des Aufruhrs.
