Vier und funfzigstes Kapitel. Valentinianus II. wird getödtet, und Eugenius als Kaiser erklärt.
1. An dem kaiserlichen Hofe lebte ein gewisser Eugenius, der in der Gelehrsamkeit so weit vorgeschritten war, daß er den Charakter eines Rhetors annahm, und einer Schule vorstund. 2. Richomer, der mit ihm, als einem angenehmen und artigen Manne, vertraut umgieng, stellte ihn dem Arbogastes dar, und bat um eine Stelle unter seinen Bekannten und Freunden für ihn, als für einen Mann, der brauchbar seyn würde, wenn sich einmal etwas ereignete, wo wahre Freundschaft nöthig wäre. 3. Als nun Richomer zum Kaiser Theodosius reisete, machte der beständige Umgang den Eugenius zum besten Freunde des Arbogastes, der jenem alles anvertraute. 4. Daher richtete er seine Gedanken auf den Eugenius: wegen seiner großen Gelehrsamkeit und treflichen Charakters werde er zu einem guten Kaiser der tüchtigste seyn, und theilte ihm seinen Entschluß mit. Ungeachtet er nun sahe, daß er dem Eugenius misfiel, fuhr er doch fort, ihn zu ehren, und bat, er möchte doch das, was das Glück ihm schenkte, nicht von sich stoßen. 5. Als er ihn beredet hatte, fand er gut, den Valentinianus zuvor aus dem Wege zu räumen, und so dem S. 93 Eugenius die Monarchie zu übergeben. 6. Wie nun der Kaiser in dem Gallischen Vienna sich aufhielt, und an den Mauern der Stadt mit einigen Soldaten kurzweilte, so daß er an nichts dergleichen dachte, überfällt ihn Arbogastes, bringt ihm eine schwere Wunde bei, und tödtet ihn. 7. Jedermann duldete die That mit Stillschweigen, theils wegen der Würde und kriegerischen Tapferkeit des Mannes, theils besonders, weil die Soldaten um seiner Verachtung des Reichthums willen ihm sehr zugethan waren. Er erklärt daher den Eugenius zum Kaiser, und erweckt bei allen, wegen seiner besonderen Vorzüge, große Hoffnungen.
