4.
S. 180 Ich behaupte jedoch, daß auch dieser Punkt nicht mit Stillschweigen übergangen ist, daß vielmehr der Gesetzgeber ihn sogar sehr streng verboten hat. Denn die Stelle: „Du sollst zu keinem Verwandten hineingehen, um seine Scham zu entblößen1”, schließt auch diese Art von Verwandtschaft in sich. Was ist denn wohl mit einem Manne näher verwandt als seine eigene Frau, beziehungsweise sein eigenes Fleisch? Denn sie sind nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch2. Demnach geht durch die Frau die Schwester in die Verwandtschaft des Mannes über. Wie er nun seine Schwiegermutter nicht nehmen wird, noch die Tochter seiner Frau, weil er weder seine Mutter noch seine eigene Tochter nehmen wird, ebenso wird er auch die Schwester der Gattin nicht nehmen, weil er auch seine eigene Schwester nicht nimmt. Und umgekehrt wird es auch der Gattin nicht erlaubt sein, mit den Verwandten ihres Mannes zusammenzuwohnen; denn für beide Teile sind die rechtlichen Normen der Verwandtschaft dieselben.
Ich aber beteure jedem, der zwecks Verehelichung mit sich zu Rate geht: „Die Gestalt dieser Welt vergeht3”, und die Zeit ist knapp bemessen, so „daß die, welche Frauen haben, so leben sollen, als hätten sie keine4”. Liest mir aber jemand die Stelle vor: „Wachset und mehret euch5!”, so lache ich über ihn, weil er die Zeitpunkte der Gesetzgebung nicht auseinanderhält. Die zweite Ehe ist ein Mittel gegen die Hurerei, nicht eine Gelegenheit zur Unzucht. „Wenn sie nicht enthaltsam sind, so mögen sie heiraten6”, heißt es, nicht aber: sie sollen heiraten und das Gesetz übertreten7!
