5.
S. 74 Denn zunächst deutete er listig das Wort Grieche, als würde es nicht eine Sprache, sondern eine Religion bezeichnen, im konfessionellen Sinne, um uns von den Wissensschätzen zu vertreiben, als hätten wir uns diebisch fremdes Eigentum angeeignet; er schien zu glauben, daß, wenn er uns von den sog. griechischen Künsten ausschließe, er eben als Grieche Vorteil davon habe. Ferner1 glaubte er, wir merkten es nicht, daß er uns, die wir doch tief auf jene Bildung herabschauen, ja nicht eines besonders hohen Gutes beraubte und daß er selber gerade den heidnischen Lehren mißtraute, da ihre Kraft nicht in der Erkenntnis der Wahrheit, sondern in der Form und in Bestrebungen liegt, denen sich anzuschließen uns unmöglicher ist, als Gott trotz der Zunge nicht zu lobpreisen. Wir stellen mit den anderen wie den Körper, so auch das Wort in den Dienst Gottes, sooft es notwendig ist, damit für die Wahrheit zu kämpfen. Julian mag das Verbot erlassen haben, griechische Bildung anzunehmen2, die Wahrheit konnte er doch S. 75 nicht in Ketten schlagen. Seine eigene Schwäche hat er verraten, den Anklagen konnte er nicht entrinnen. Daß er immer mehr zu denselben Anlaß gegeben, wußte er wohl.
Ein weiteres Zeichen seiner Torheit. ↩
ἀττικίζειν [attikizein] ― In einem Erlaß Julians vom 17. Juni 362 heißt es nach Codex Theodosianus XIII. 3, 5: „Magistros studiorum doctoresque excellere oportet moribus primum, deinde facundia. Sed quia singulis civitatibus adesse ipse non possumus, iubeo, quisquis docere vult, non repente nec temere prosiliat ad hoc munus, sed iudicio ordinis probatus decretum curialium mereatur optimorum conspirante consensu. Hoc enim decretum ad me tractandum referatur, ut altiore quodam honore nostro iudicio studiis civitatum accedant.“ Von einem Professor oder Lehrer wird also sittliche Führung und Beredsamkeit verlangt und es wird gefordert, daß durch das Urteil des Gemeinderates über diese Vorbedingung eine Bestätigung ausgestellt werde und daß dieses Dekret des Gemeinderates zur Begutachtung dem Kaiser vorgelegt werde, welcher davon eine Steigerung des Ansehens der Lehrer erwartet. Da es nun von der Entscheidung des Kaisers letzten Endes abhing, ob ein Lehrer die notwendige sittliche Vorbedingung für Anstellung besaß, und da dem Kaiser Julian das christliche Bekenntnis „Wahn und Aberglaube“, also ein sittlicher Defekt war, hatte er mit jenem Gesetze sich das Recht verschafft, christliche Lehrer abzuweisen. „Gerade der Schlußsatz, der die Stellung des Lehrerstandes betont und sie zu heben scheint, wird zum Fallstrick der Lehrfreiheit; denn es darf doch sicher nur der auf Bestätigung seiner Wahl rechnen, der dem Kaiser genehm ist. Das Ganze hatte, zwar recht geschickt verdeckt, doch kein anderes Ziel als die Unterdrückung der christlichen Lehrer, bzw. den Ausschluß der Christen aus den angesehenen einflußreichen Lehrämtern“ (Wilh. Enßlin a. a. O. S. 188). Julians Brief 42 (Ausg. Hertlein, S. 544 ff.) ist eine Art Ausführungsbestimmung zu obigem Erlaß. Es wird hier ausdrücklich verlangt, daß überzeugte christliche Lehrer vom Lehramt ausgeschlossen werden. Nach Sozomenus, Kirchengesch. 5. 18, 1 hatte Julian nicht nur christlichen Lehrern das Unterrichten, sondern auch christlichen Kindern die Teilnahme am Unterricht verboten. Über die Unterdrückung der christlichen Bildung durch Julian vgl. noch Sokrates, Kirchengesch. 3, 12; Rufinus, Kirchengesch. 10, 33; Theodoret, Kirchengesch. 3, 8; Augustinus, Gottesstaat 18, 52; ders. Bekenntnisse 8, 5. ↩
