37.
Niemand hat je für etwas mit so heißer Liebe gewirkt wie Konstantius für die Ausbreitung, Ehre und Macht des Christentums. Nicht die Unterjochung der Völker, nicht die treffliche Ordnung des Staatswesens, nicht der finanzielle Reichtum, nicht die Fülle von Ruhm, S. 93 nicht die Ehre, Kaiser zu sein und Kaiser zu heißen, nicht all das, was sonst noch das Glück der Menschen ausmacht, nichts von all dem hat ihn so erfreut wie die Tatsache, daß wir durch ihn und er durch uns bei Gott und den Menschen in Ehren stehen und daß unsere Herrschaft für alle Zeit gefestigt ist. Da er tiefer und aristokratischer als die meisten dachte, wußte er auch genau, daß die Macht der Römer mit der der Christen wuchs und daß erst durch das Erscheinen Christi sich das Reich zur vollständigen Alleinherrschaft entwickelt hatte. Wohl vor allem deshalb hat er uns sein Wohlwollen gezeigt. Mag er uns auch gekränkt haben, so tat er es doch nicht, um uns zu verachten oder zu schmähen oder um andere zu bevorzugen, sondern um eine Union zu erzielen und die Trennung und Spaltungen zu beseitigen1.
Vielleicht um Julians Geschichte in ihrer ganzen Düsterkeit recht stark hervortreten zu lassen, hat Gregor für Konstantius zu lichte Farben aufgetragen. Konstantius hatte tatsächlich den Arianismus begünstigt. Er vertrieb katholische Bischöfe von ihren Sitzen und ersetzte sie durch arianische, er vergewaltigte die Synoden von Arles (353), Mailand (355), Rimini (369), den fast 100jährigen Bischof Hosius von Cordoba und selbst den Papst Liberius. Allerdings war Konstantius Gegner des Heidentums, während Julian vom Christentum zum Heidentum übergetreten war. In Rede 21, 26 zählt Gregor zu den Fehlern des Konstantius auch die καινοτομία τῆς πίστεως, [kainotomia tēs pisteōs], d. i. seine Begünstigung der Häresie. ↩
