111.
Von der gleichen Gesinnung beseelt, schickte sich Julian an, in allen Städten Schulen zu errichten, Lektor-Pulte (βήματα) [bēmata]1, höhere und niedere Bänke anzubringen, das Vorlesen der hellenistischen Lehren und das Auslegen derselben einzuführen, um durch dieses moralisch zu erziehen und in den Geheimnissen zu unterrichten. Ferner suchte er dem abwechselnd verrichteten Chorgebet2 und kirchlichen Strafgesetzen, den Zeremonien für die Neueingetretenen und Fortgeschrittenen, kurz allem Eingang zu verschaffen, was natürlich unserer trefflichen Organisation zu verdanken ist. Außerdem wollte er Herbergen und Gaststätten, Heime für Keusche und Jungfrauen und Betrachtungsstätten3 S. 147 errichten und wünschte, daß sich die Charitas den Armen gegenüber u. a. auch der Empfehlungsschreiben4 bediene, welche wir den Dürftigen für die Reise von Volk zu Volk mitgeben. Diese Vorzüge hatte Julian bei uns bewundert.
βῆμα [bēma] ist hier dasselbe wie Ambon (von ἀναβαίνειν [anabainein]), welcher an den Kanzellen stand, die das Schiff der Kirche vom Presbyterium trennten, und für liturgische Lesungen bestimmt war. Eusebius erzählt Kirchengesch. VII 30, 9 (Ausgabe Schwartz S. 303) von Paul von Samosata: βῆμα μὲν καὶ θρόνον ὑψηλὸν ἑαυτῷ κατασκευασάμενος [bēma men kai thronon hypsēlon heautō kataskeuasamenos]. ↩
Wie sich aus einem Brieffragment ergibt, wünschte Julian, daß dasselbe wenigstens morgens und abends verrichtet werde und zwar unter Benützung von Hymnen, die entweder von Gott selber gegeben oder von inspirierten Menschen verfaßt seien (Julianausgabe von Hertlein 387). Nach Brief 56, der an den ägyptischen Präfekten Ecdicius gerichtet ist, verlangte Julian, daß zur Ausbildung des Kultgesanges in Alexandrien eine Musikschule gegründet werde, da „die göttlichen Lieder die Seelen reinigen“ (Hertlein 566). ↩
ἁγνευτήρια τε καὶ παρθενῶνας καὶ φροντιστήρια [hagneutēria te kai parthenōnas kai phrontistēria]. Nach Sozomenus 5, 16 hat Julian tatsächlich Männer- und Frauenklöster errichtet. ↩
ἐπιστολιμαῖα συνθήματα [epistolimaia synthēmata]. Julian, Epist. 2 (Revista di filologia, 1889, 298) hat dafür die Bezeichnung: σύμβολα [symbola]. Vgl. Asmus, „Eine Enzyklika Julians des Abtrünnigen und ihre Vorläufer“ (Zeitschr. f. Kirchengesch. Bd. 16, 1895, S. 244). ↩
