Sechstes Kapitel. Athens Rettung — Eroberung des Peloponnesus.
1. Es verdient auch die Ursache, welche die Stadt Athen rettete, nicht mit Stillschweigen übergangen zu werden, da sie der Gottheit würdig ist, und den Hörer zur Verehrung derselben aufruft. 2. Alarich rückte mit seinem ganzen Heere heran, und sahe, daß die Schutzgöttin Athene bewaffnet, wie sie in den Abbildungen zu sehen ist, und bereit, die Angreifenden zu empfangen, die Mauer umgieng1. 3. Vor der Mauer aber stund Achilles, der Heroe, ganz so, wie ihn Homer den Troern zeigte, als er, voll Zorn über den Tod des Patroklus, kämpfte2. Diese Erscheinung schröckte den Alarich so sehr, daß er die S. 114 ganze Unternehmung gegen die Stadt aufgab, Herolde schickte, und, nach verschiedenen Unterhandlungen und von beiden Seiten geleistetem Eide, nur mit einem kleinem Gefolge in die Stadt Athen kam. 4. Er, dem man alle Höflichkeit erwieß, badete sich, nahm an einem Gastmahle mit den auserwähltesten Männern der Stadt Theil, empfieng Geschenke, zog hierauf ab, und ließ Athen und ganz Attika unverletzt. 5. Auch unter des Valens Regierung blieb Athen vor einem Erdbeben, das ganz Griechenland erschütterte, unbeschädigt, wie im vorhergehenden Buche3 erzählt wurde, und itzt entgieng die Stadt einer Gefahr, welche die höchste war. 6. Von Attika aus, das die Furcht vor den Erscheinungen gerettet hatte, zog Alarich gegen Megara, nahm die Stadt beim ersten Angriffe ein, und setzte, da niemand Widerstand nur versuchte, seinen Zug gegen den Peloponnes fort. 7. Gerontium gestattete ihm den Durchgang über die Meerenge, und nun waren alle Städte ohne Arbeit und Kampf leicht zu erobern, da man sie wegen der Sicherheit, die der Isthmus gewährte, nicht ummauert hatte. 8. Alsobald wurde Korinth mit Gewalt eingenommen, und die nahe liegenden Städtchen, hierauf Argos und alles Land zwischen diesem Orte und Lakedämon. 9. Auch Sparta entgieng nicht der allgemeinen Einnahme Griechenlands, da sie, durch die Habsucht der Römer, S. 115 nicht mehr, weder durch Waffen noch streitbare Männer, feste war, sondern herrschenden Verräthern aufgeopfert wurde, und sich Leute fanden, die, den Machthabern zu gefallen, zu allem halfen, was den allgemeinen Untergang herbeiführte.
So hatten auch die Heiden ihre Wunder, wie die Christen jener Zeit, und waren freilich später noch mehr reich daran. ↩
Da Achill in mehreren Griech. Staaten verehrt wurde, z. E. in Thessalien, Chios etc. (s. Philostrat. Gespräche über die Heroen, Kap. 19.), so ist’s weniger zu verwundern, daß es auch in Athen geschahe. ↩
Kap. 18. ↩
