Acht und dreißigstes Kapitel. Auch Serena wird hingerichtet. Honorius und Theodosius.
1. Als Alarich schon in der Nähe Roms war, und die Bewohner der Stadt eingeschlossen hatte, so hielt der Senat die Serena für verdächtig; sie habe die Barbaren gegen Rom geführt. Die Meinung des ganzen Senats, und selbst der Placidia, die den nämlichen Vater1 mit ihr hatte, der Schwester des Kaisers, war; man müsse sie, als die Ursache so großen Unglücks, aus dem Wege räumen. 2. Denn geschähe dieses, so werde S. 177 Alarich von der Stadt abziehen, weil niemand mehr sich fände, von dem er hoffen könnte, er werde die Stadt verrathen. 3. Der Verdacht war in der That eine Unwahrheit. Denn es fiel Serenen nichts dergleichen ein. Doch büßte sie gegen die Götter, was ihre Unthaten verdient hatten, wie ich gleich erzählen will. 4. Als Theodosius der ältere den Tyrannen Eugenius auf die Seite geschaft, und Rom eingenommen hatte, die heiligen Gebräuche gering schätzte, und sich weigerte zu den Opfern die Kosten von Seiten des Staats zu geben, so wurden Priester und Pristerinnen vertrieben, und die Kapellen wurden aller gottesdienstlichen Verrichtungen beraubt. 5. Serena spottete darüber2, und wollte die Kapelle der Mutter der Götter besuchen. 6. Hier erblickte sie den um den Hals der Rhea angelegten, Schmuck, und legte ihn sich selbst um. Eine alte Vestalin, die allein übrig geblieben war, machte ihr ins Angesicht Vorwürfe wegen dieser Gottlosigkeit, sie aber schalt sie, und ließ sie durch ihr Gefolge vertreiben. 7. Beim Weggehen wünschte die Vestalin, es möchte über sie und ihren Gatten und ihre Kinder all’ dasjenige kommen, was eine solche Gottlosigkeit verdiente. 8. Serena achtete nicht darauf, sondern verließ die Kapelle, mit dem Schmucke geziert. Aber in der Folge wandelt sie im Schlafe S. 178 und beim Wachen öfters etwas an, das ihr den künftigen Tod verkündigte. 9. Auch viele andere hatten die nämliche Erscheinung. So stark zeigte Dike3, welche die Bößewichter verfolgt, die ihr eigene Macht, daß Serena, die ihr Schicksal wußte, sich nicht hütete, sondern den Hals, dem sie den Schmuck der Rhea angelegt hatte, zum Erdrosseln selbst darbot4. — 10. Auch Stilicho, sagte man, seie, wegen eines andern ähnlichen Frevels, der geheimen Rache nicht entronnen. 11. Denn er soll befohlen haben, daß man die Thüren des Kapitols, die mit schwerem Golde bekleidet waren, abkratzte5, und als man seinen Befehl befolgte, fand man an einem Theile der Thüre eingeschrieben: sie werden für den unglücklichen König aufbewahrt6. 12. Der Erfolg entsprach der Schrift. Denn er verlor das Leben unglücklich und bedauernswürdig.
Theodosius. ↩
Ueber die Gebräuche der Heiden. ↩
Die Göttin der Rache. ↩
Wie konnte Z. der hier solchen heidnischen Aberglauben zeigt, des christlichen noch spotten? ↩
Wie Rinde von einem Baume. ↩
Misero Regi servantur. Z. übersetzt das Regi durch τυράννῳ [tyrannō], um es auf den Stilicho anzuwenden. ↩
