Neuntes Kapitel. Timasius wird durch Verleumdung verurtheilt.
1. Bargos, von Laodicea in Syrien abstammend, handelte auf dem Markte mit Würsten, und kam, da er über einige Verbrechen ergriffen wurde, als Flüchtling, von Laodicea nach Sardes. 2. Auch hier zeigte er sich als den, der er war, und wurde wegen seiner Bosheit berüchtigt. An ihm fand Timasius, der nach Sardes kam, einen kurzweiligen Mann, der durch Schmeicheleien einen jeden, mit dem er sich unterhielt, leicht an sich ziehen S. 119 konnte; gestattet ihm vertrauten Umgang, und setzte ihn über eine Kohorte Soldaten — nicht nur das, er nimmt ihn so gar mit sich nach Konstantinopel. 3. Da dem Bargos wegen einiger Verbrechen der Aufenthalt in der Hauptstadt schon vorher untersagt war, so waren die obrigkeitlichen Personen mit dieser Handlung unzufrieden. Eutropius glaubte nun, in diesem Manne ein schickliches Werkzeug zur falschen Anklage des Timasius gefunden zu haben, und stellt ihn daher als Kläger auf, der erdichtete Schriften vorzeigte, kraft deren Timasius nach der Regierung Lust bezeugt habe. 4. Der Kaiser saß selbst als Richter, Eutropius aber, der dabei stund, hatte als Vorsteher des kaiserlichen Gemachs1, alle Stimmen in seiner Gewalt. 5. Alle2 aber waren unwillig, daß ein Wursthändler gegen einen solchen, der durch so viele Aemter und Ehren sich auszeichnete, vor Gerichte stehen sollte. Daher entfernte sich der Kaiser von dem Richterstuhle, und überließ die Entscheidung dem Saturninus und Prokopius3. 6. Von diesen war jener schon im hohen Alter, und in großen Ehren, aber nicht ohne Verdacht der Schmeichelei, daher gewohnt, in seinen S. 120 Urtheilssprüchen jeder Leidenschaft und Gesinnung deren zu fröhnen, die neben dem Kaiser regierten. Prokopius war Eidam des Kaiser Valens, aber düster und nicht zu lenken. Daher sprach er zuweilen die Wahrheit mit Freimüthigkeit, und stimmte, zwar in dem Urtheile gegen Timasius mit dem Saturninus ein, setzte aber hinzu: Bargos hätte nicht der Kläger gegen einen Timasius seyn sollen; es seie auch nicht recht, daß dieser, durch solche Ehren und Würden ausgezeichneter Mann, von einem so schlechten und übel berüchtigten Menschen durch Verleumdungen in Noth komme, und das unschicklichste seye, daß derjenige, der Wohlthaten empfangen habe, seinem Wohlthäter Verdruß mache. 7. Durch diese freimüthige Rede richtete Prokopius nichts aus. Der Ausspruch des Saturninus, der4 sehr gebilligt wurde, behielt die Oberhand, dem Timasius aber wurde Oasis5 zur Wohnung angewiesen. Von einer öffentlichen Wache begleitet, reisete er dahin ab. 8. Dieses ist der traurigste Ort, von da niemand, der dahin verwiesen wird, entrinnen kann. Denn das Land umher ist ganz sandig, völlig öde, S. 121 unbebaut, benimmt daher denen, die nach Oasis reisen, alle Kenntniß6. Der Sand deckt die Spuren, und da weder eine Pflanze noch Wohnung in der Gegend ist, so ist kein Kennzeichen vorhanden, nach welchem die Reisenden7 muthmaßen könnten. 9. Doch wars allgemeine Sage, Timasius seie von seinem Sohne Syagrius entrissen worden, und denen, die zu seiner Aufsuchung nachgeschickt wurden, entgangen. So habe der Sohn den Vater durch einige Räuber gerettet! 10. Dieses mag nun wahr, oder, dem Eutropius zu gefallen, unter dem Volke verbreitet worden seyn, niemand weiß etwas gewisses, außer, daß weder Timasius noch Syagrius von jener Zeit an mehr erschienen.
Praepositus sacri Cubiculi. ↩
Beisitzer. ↩
Der Herausgeber muthmaßt nicht unwahrscheinlich, daß statt Prokopius hier Petronius Patricius stehen sollte, wie Ammian 26. B. 14. Kap. ihn nennt. ↩
Von Eutropius und seinen Anhängern. ↩
Eine Stadt in den sandigsten Gegenden Aegyptens, gegen den Tempel des Jupiter Ammon hin. Nach Cellarius gabs ein Oasis magna und parva. Herodot erzählt B. 3. Kap. 26., ein ganzes Heer des Kambyses seye durch den aufgewehten Sand zu Grunde gegangen. ↩
Der Gegend. ↩
Den Weg. ↩
