Ein und dreißigstes Kapitel. Arkadius stirbt. Stilicho soll in den Orient ziehen.
[J. 408.] 1. Nach Rom kam zuerst die Nachricht, Kaiser Arkadius seie gestorben, und sie bestätigte sich nach des Honorius Ankunft in Ravenna. Als nun Stilicho in Ravenna war, der Kaiser aber nach Bononien kam, einer Stadt an der Aemilischen Straße, siebenzig Meilen von Ravenna entfernt, so schickte er zu jenem: „Die Soldaten seien unterwegens gegen einander aufrührisch geworden, er solle die Zucht wieder herstellen.“ 2. Stilicho versammelte die Aufrührer, und verkündigte ihnen: der Kaiser wolle, daß sie nicht nur wieder in Ordnung kommen, S. 163 sondern von den Schuldigsten sollte auch je der zehnte mit dem Tode bestraft werden. Dadurch setzte er sie in solches Schrecken, daß sie Thränen vergossen, und den Feldherrn so sehr zum Mitleiden bewogen, daß er ihnen die Gnade des Kaisers versprach. 3. Der Kaiser täuschte die Hoffnung nicht, und nun wandte man sich zur Untersuchung der Staatsangelegenheiten. 4. Stilicho wollte in den Orient gehen, und die Angelegenheiten des Theodosius, des Sohns des Arkadius, der noch jung war, und einer Vormundschaft bedurfte, in Ordnung bringen. Honorius selbst war entschlossen, diese Reise zu machen, und alles einzurichten, wie’s zur Sicherheit des Reichs des jungen Regenten erforderlich wäre. 5. Da aber dem Stilicho dieser Entschluß mißfiel, so stellte er ihm die Größe des Aufwands, den die Reise kostete, vor, und brachte dadurch den Kaiser von der Unternehmung ab. Ueberdies führte er ihm an: der Aufstand Konstantins, der schon ganz Gallien durchzogen habe, und in Arelatum sitze, erlaube ihm nicht, sich von Rom und Italien so weit zu entfernen, und der Sorge fürs Reich zu entsagen. 6. Hierzu komme noch ― wiewohl schon diese Umstände die Gegenwart und Sorgfalt des Kaisers erfordern — der Zug Alarichs, eines Barbaren und treulosen Mannes, der mit seinem großen Heere heranrücken werde, wenn er Italien hülflos sehe. 7. Das wäre am besten und dem Staate am S. 164 nützlichsten, wenn Alarich gegen den Tyrannen1 auszöge, und einen Theil seiner Barbaren und die Römischen Legionen nebst den Anführern, die am Kriege Theil nehmen, mit sich nach Gallien führte: er selbst aber wolle, wenns der Kaiser befehle, und ihm schriftlich gebe, was er zu thun habe, in den Orient ziehen. 8. Der Kaiser fand alles, was Stilicho gesagt hatte, wohl gesprochen, gab ihm ein Schreiben an den morgenländischen Kaiser und an Alarich, und brach von Bononien auf. 9. Stilicho aber blieb in der Gegend, ohne weder nach dem Orient zu ziehen, noch sonsten etwas von dem, was beschlossen war, auszuführen, ja er verlegte nicht einmal einen Theil der Soldaten, die in Ticinum waren, nach Ravenna, oder sonst wohin, aus Furcht, sie möchten dem Kaiser begegnen, und diesen bewegen, etwas gegen ihn zu unternehmen.
Konstantin. ↩
