Neun und zwanzigstes Kapitel. Emona ― Alarichs Zug gegen Norikum ― erkaufter Friede.
1. Stilicho aber erhielt Botschaft, Alarich habe Epirus verlassen, und die Pässe durchzogen, die S. 158 den Uebergang aus Pannonien zu den Venedern verengen, und sein Lager bei der Stadt Emona1 genommen, die zwischen dem oberen Pannonien und Norikum liegt. 2. Es verdient diese Stadt, daß wir, was von ihr zu sagen ist, und wie sie gestiftet wurde, erzählen. 3. Die von Aietes verfolgten Argonauten ― sagt man ― kamen an die Ausflüsse des Ister in das schwarze Meer, und fanden gut, in demselben gegen den Strom hinauf zu fahren, und zwar durch Rudern und einem günstigen Wind so weit, bis sie dem2 Meere näher kämen. 4. Da sie nun bei der Ausführung dieses Entwurfs in diese Gegend kamen, hinterliessen sie ein Andenken ihrer Hieherkunft, nämlich die Gründung dieser Stadt, stellten alsdann die Argo auf Maschienen, zogen sie vierhundert Stadien weit bis zum Meere, und landeten alsdann an der Thessalischen Küste, wie der Dichter Pisandros erzählt, der diese Geschichte fast ganz in seinem Werke, die Theogamie der Heroen,3 umfaßte. ― 5. Von Emona zog Alarich weiter, S. 159 gieng über den Fluß Akylis,4 näherte sich Norikum, und sahe schon den Apennin hinter sich, der das Aeusserste Pannoniens begränzt, 6. und denen, die zu den Norikern wollen, nur so enge Wege gestattet, daß eine kleine Besatzung hinreicht, wenn auch eine Menge Volks den Durchgang erzwingen wollte. [J. 408.] Doch Alarich zog durch, und schickte aus Norikum eine Botschaft an Stilicho, 7. um Geld zu verlangen, sowohl wegen seines Verweilens in Epirus, das auf den Rath Stilicho’s geschehen seye, als auch wegen seines Eintritts in Norikum und Italien. 8. Stilicho empfieng die Gesandtschaft in Ravenna, ließ sie da zurücke, und reisete nach Rom, um mit dem Kaiser und Senate zu verabreden, was zu thun seye. 9. Der Senat versammelte sich im Pallaste, und als die Frage vorgelegt wurde, ob man Krieg5 führen solle, oder nicht? stimmten die meisten auf den Krieg. 10. Stilicho aber, und wenige, die aus Furcht ihm beistimmten waren entgegen gesetzter Meinung, und trugen auf Frieden mit Alarich an. 11. Als nun diejenigen, die für den Krieg waren, vom Stilicho zu wissen verlangten, warum er nicht streiten, sondern lieber Friede wolle, und noch dazu sich überwinden könne, ihn für Roms Ehre um S. 160 Geld schändlich zu erkaufen, so antwortete er: „Weil Alarich zum Vortheile des Kaisers so lange in Epirus verweilte, damit er6 in Gemeinschaft mit ihm gegen den Kaiser des Orients hätte Krieg führen, die Illyrier von dem morgenländischen Reiche trennen, und dem Honorius zuwenden können. 11. Gewiß, setzte er hinzu, wäre es ausgeführt worden, wäre das Schreiben des Kaisers der Ausführung nicht zuvor gekommen, und hätte den Zug gegen den Orient verhindert. Alarich hat immer darauf7 gewartet, und daselbst viele Zeit verloren.“ 13. Mit diesen Worten zeigte er den Brief des Kaisers vor, und gab der Serena die Schuld: sie habe zwischen den beiden Kaisern die Eintracht unverletzt erhalten wollen. 14. Da nun alle die Gründe des Stilicho billig fanden, so beschloß der Senat, dem Alarich 4000 Pfund Goldes für den Frieden zu geben, wiewohl die meisten, nicht aus Ueberzeugung, sondern aus Furcht vor Stilicho, darauf antrugen. 15. Ja, Lampadius, ein Mann, sowohl durch Geburt, als Würde ausgezeichnet, setzte in der Muttersprache8 hinzu: „dieses heißt nicht den Frieden, sondern Sklaverei erkaufen!“ hierauf, als der Senat entlassen wurde, flüchtete er sich, aus Furcht wegen seiner Freimüthigkeit büßen zu müssen, in eine nahe Kirche der Christen.
Andere schreiben, Aemona oder Hämona, Emon und Emo. Kasaubonus aber hält die Schreibart des Texts für die beste. Man sucht sie heut zu Tage in der Gegend von Laybach, in Krain. ↩
Adriatischen. ↩
Die Vermählung der Heroen mit Göttinnen. — Fabricius bestritt die Lesart dieser Stelle, Ruhnken aber rettete sie. ↩
Von diesem Flusse sagt Cellarius nichts. Sollte er bei Aquileia zu suchen seyn. Aber wie ists dann mit den Apenninen? ↩
Mit dem Alarich. ↩
Stilicho. ↩
Bis ich zu ihm stieße. ↩
Non est ista pax, sed pactio servitutis. ↩
