1.
In der Tat, wenn man unerwartete Dinge zu hören bekommt, so könnten einem beide Ohren klingen. So erging’s auch mir. Mir kamen ja wohl auch zu Ohren, die übrigens schon an recht viel gewöhnt sind, jene wider mich kolportierten Schriften — erhielt ich doch schon früher den Brief, den ich zwar für meine Sünden verdient, aber doch nicht aus der Hand derer erwartet hätte, die ihn abgesandt haben. Aber gleichwohl schienen mir die späteren Schreiben so übervoll von Bitterkeit, daß sie die vorausgegangenen in Schatten stellen. Wie, bin ich nicht fast vom Verstand gekommen, als mir der Brief an den gottesfürchtigen Bruder Dazina in die Hände fiel, der mit tausend Schmähungen, unerträglichen Anklagen und Ausfällen gegen uns angefüllt ist, wie wenn wir ertappt worden wären auf den ruchlosesten Anschlägen wider die Kirche? Prompt hat man auch Beweise für die Berechtigung der gegen uns ausgestoßenen Schmähungen beigebracht — aus einem Schriftstück, das, ich weiß nicht wer, verfaßt hat. Teilweise ist es meines Erachtens, ich gestehe es, von Apollinaris von Laodicea geschrieben; ich habe zwar das Machwerk nicht im Texte gelesen und kenne es nur vom Hörensagen. Manch anderes aber fand ich dazugeschrieben, was ich nie gelesen noch je von einem andern gehört hatte; dafür ist mir treuer Zeuge der im Himmel. Wie nun diejenigen, welche die Lüge fliehen, die belehrt worden, daß die Liebe des Gesetzes Erfüllung ist1, die da feierlich erklären, die Schwachheiten der Schwachen zu ertragen, S. 155 sich verleiten lassen konnten, mit solchen Verleumdungen gegen uns vorzugehen und auf Grund fremder Schriften uns zu verurteilen, darüber habe ich viel bei mir nachgedacht, kann aber keinen Grund finden, außer ich nehme an, daß — wie anfangs gesagt — auch diese Betrübnis ein Teil der Strafe ist, die ich durch meine Sünden verschuldet habe.
Vgl. Röm. 13, 10. ↩
