2.
Ich sollte aber auch wegen anderer notwendiger Fragen mit Deiner Frömmigkeit zusammenkommen, über viele Dinge mich mit Dir besprechen und vieles von Dir lernen. Hier ist ja nirgends wahre Liebe zu finden. S. 161 Wenn man aber je einen Freund findet, so ist er doch nicht imstande, so wie Deine vollendete Einsicht und Erfahrung, die Du Dir in den vielen Arbeiten für die Kirchen gewonnen hast, in den vorliegenden Fragen Rat und Aufschluß zu geben. So manch anderes kann ich nicht schreiben; was ich aber als sicher mitteilen kann, ist folgendes:
Der Priester Evagrius, der Sohn des Pompejanus von Antiochien1, der dermaleinst mit dem seligen Eusebius2 nach dem Abendland gereist war, ist nun von Rom zurückgekehrt und verlangt von uns einen Brief, der im Wortlaut enthält, was von jenen geschrieben wurde; unser Schreiben brachte er uns wieder zurück, weil es den Genauern daselbst nicht gefallen habe. Außerdem verlangt er, daß eine Gesandtschaft von vertrauenswürdigen Männern eiligst dorthin abgeschickt werde, damit jene einen äußerlichen Anlaß hätten, uns zu besuchen.
In Sebaste haben unsere Gesinnungsfreunde das verborgene Geschwür der verkehrten Ansicht des Eustathius aufgedeckt und bitten uns, daß wir uns um ihre Kirche irgendwie annehmen3.
Ikonium ist eine Stadt Pisidiens; einst war sie nach der Hauptstadt4 die erste; jetzt ist sie aber selbst die Hauptstadt jenes Teils, der aus verschiedenen Stücken zusammengesetzt wurde und die Verwaltung einer eigenen Provinz erhielt5. Diese ladet uns gleichfalls zu einem Besuche ein, damit wir ihr einen Bischof geben6; Faustinus ist ja gestorben. Ob ich nun die Ordinationen außerhalb meines Gebietes nicht ablehnen soll, welche S. 162 Antwort ich den Bewohnern von Sebaste geben muß, und wie ich mich zu den Vorschlägen des Evagrius stellen soll, darüber hätte ich bei einer persönlichen Zusammenkunft mit Deiner Ehrwürden Aufschluß erhalten mögen; an all dem bin ich aber durch meine gegenwärtige Krankheit verhindert worden. Wenn Du nun jemand hast, der in Bälde zu uns kommt, so schick mir gütigst auf alle Fragen die Antwort, wenn aber nicht, so bete, daß mir das in den Sinn kommt, was dem Herrn wohlgefällig ist. Veranlasse, daß auch in der Versammlung unser gedacht wird, und bete nicht nur selbst für uns, sondern zieh auch das Volk dazu bei7, damit wir gewürdigt werden, die übrigen Tage oder Stunden unserer Pilgerschaft dem Herrn so zu dienen, wie es ihm wohlgefällt.
Evagrius war der letzte Eustathianer-Bischof (388—393). ↩
Von Vercelli. Die Reise ins Abendland erfolgte 362/63. Vgl. J. Schäfer, Basilius des Großen Beziehungen zum Abendlande. S. 130. ↩
Offenbar sollte Basilius als Primas ihnen einen orthodoxen Bischof geben. ↩
Nämlich Antiochien. ↩
Die neue Provinz hieß Lykaonien. ↩
Noch in demselben Jahre 373 erhielt Ikonium in Amphilochius von Diocäsarea-Nazianz auf Betreiben des Basilius einen Bischof (vgl. Brief I. I = Nr. 161). ↩
Das öffentliche Fürbittgebet der Gemeinde für eine Person bezeugt auch Athanasius (Apol. ad Constant. C. 10). ↩
