3.
Euch darf doch nicht die Erwägung zurückhalten: wir an der Meeresküste stehen außerhalb des Bannkreises der Leiden der Übrigen und bedürfen keineswegs der Hilfe anderer. Weshalb bedürften wir denn der gegenwärtigen Gemeinschaft? — Wohl hat der Herr die Inseln vom Festland durch das Meer getrennt, aber die Inselbewohner hat er mit den Festlandsbewohnern S. 218 durch das Band der Liebe verbunden. Nichts trennt uns voneinander, Brüder, wenn wir nicht absichtlich die Trennung suchen. Einer ist unser Herr, einer der Glaube und eine und dieselbe Hoffnung1. Mögt Ihr Euch nun selbst als das Haupt der ganzen Kirche betrachten — nicht kann das Haupt zu den Füßen sagen: Ich habe euch nicht nötig, oder mögt ihr euch in eine andere Rangordnung unter den Gliedern der Kirche stellen —, so könnt Ihr doch zu uns, den Mitgliedern am selben Leibe, nicht sagen: Wir haben euch nicht nötig2. Die Hände brauchen einander; die Füße unterstützen sich gegenseitig, und die Augen gewinnen in ihrer Eintracht eine Klarheit von ihrem Gesichtsfelde. Wir bekennen unsere Schwäche und ersuchen Euch um Hilfe. Wir wissen: wenn Ihr uns auch nicht leiblich nahe seid, so werdet Ihr doch mit Eurer Gebetshilfe uns in so schwerer Zeit einen großen Nutzen bringen. Euch aber ehrt es weder vor den Menschen noch ist es Gott gefällig, wenn Ihr solche Worte im Munde führt, deren sich nicht einmal die Heidenvölker bedienen, die Gott nicht kennen. Im Gegenteil, wir hören von ihnen, daß sie trotz völlig ausreichenden Landbesitzes bei der Unsicherheit der Zukunft miteinander ein Bündnis schließen und den gegenseitigen Verkehr als ein Lebensinteresse aufrechterhalten. Wir aber, Sprößlinge jener Väter, die das Gesetz gegeben haben, in kleinen Malen3 die Zeichen der Gemeinschaft von einem Ende der Erde bis zum andern zu tragen und allseitig einander Mitbürger und Hausgenossen4 zu sein, wir schließen uns jetzt von der Welt ab, schämen uns nicht der Isolierung, noch erachten wir die Sprengung der Eintracht für strafbar. Uns schreckt nicht, daß die furchtbare Weissagung unseres Herrn uns gilt, die Prophetie: „Weil die Ungerechtigkeit überhand nimmt, wird die Liebe bei vielen erkalten5.”
