1.
Ich erinnere mich, auch selbst von dieser Sache gehört zu haben, und ich kenne auch die Konstitution S. 280 der Menschen. Was werden wir also darauf antworten? Daß der Verstand etwas Herrliches ist und wir mit ihm die Ebenbildlichkeit des Schöpfers haben, daß auch die Tätigkeit des Verstandes etwas Herrliches ist, und daß dieser, immer geschäftig, oft sich Vorstellungen von Dingen macht, die nicht sind, als wären sie, oft aber auch geraden Weges zur Wahrheit gelangt. Allein es hat der Verstand nach unserer gottgläubigen Ansicht zwei Kräfte, die der Dämonen, die uns zum Abfalle hinzieht, und die mehr göttliche und gute, die uns zur Gottähnlichkeit hinführt. Bleibt der Verstand für sich, so erkennt er kleine und ihm angemessene Dinge. Gibt er sich aber den Betrügern hin, dann ertötet er sein eigenes Urteil und geht in anderweitigen Vorstellungen auf. Dann meint er, Holz sei nicht Holz, sondern Gott, und sieht das Gold nicht für Geld an, sondern für einen hl. Gegenstand. Neigt er aber mehr auf die göttliche Seite und nimmt die Gnadengaben des Geistes in sich auf, dann wird er für das mehr Göttliche empfänglich, soweit seine Natur zu fassen vermag. Es gibt also gleichsam drei Lagen des Lebens und ebenso viele Betätigungen des Verstandes. Entweder sind unsere Beschäftigungen unseres Verstandes böse, wie Unzucht, Diebstahl, Abgötterei, Verleumdung, Zank, Zorn, Hader, Hochmut und anderes dergleichen, was der Apostel unter den Werken des Fleisches aufzählt1. Oder die Tätigkeit der Seele ist sozusagen eine neutrale und hat weder etwas Verwerfliches noch etwas Lobenswertes, wie die Erlernung solcher (gewöhnlicher2) Künste, die wir neutrale nennen, die, an und für sich betrachtet, weder zur Tugend noch zum Laster hinneigen. Was findet sich denn Böses in der Kunst der Steuerung oder der Medizin? Zwar sind diese Fertigkeiten an und für sich auch keine Tugenden, sondern sie fallen entsprechend der Absicht derer, die sie handhaben, auf eine der beiden (einander) entgegengesetzten Seiten. Jedoch der Verstand, der mit der Gottheit des Geistes sich vermischt, schaut bereits große Dinge und sieht die göttlichen S. 281 Schönheiten — insoweit nämlich, als die Gnade gestattet und seine Verfassung es erträgt.
