2.
Du fragst nach den Schriften des Dionysius1. Es gelangten solche an uns, sogar recht viele. Doch zur Hand habe ich die Bücher gerade nicht, weshalb ich sie Dir nicht schicken kann. Unser Urteil darüber ist folgendes: Nicht alles können wir an dem Mann bewundern; so manches verurteilen wir sogar gänzlich. Denn für jene Gottlosigkeit, die jetzt so viel Staub aufwirbelt, ich meine die der Anomöer, hat er zuerst, soviel wir wissen, den Leuten die Samen geliefert. Schuld war meines Erachtens nicht Bosheit der Gesinnung, sondern sein Übereifer, den Sabellius zu widerlegen. Ich vergleiche ihn darum gern mit einem Gärtner, der einen jungen Baum aus einer krummen in eine gerade Richtung bringen will, dann aber durch übermäßigen Gegendruck die Mitte verfehlt und so das Bäumchen auf die entgegengesetzte Seite zieht2. So ähnlich, finden wir, ist es auch bei diesem Manne gegangen. Denn mit seiner heftigen Opposition gegen die Gottlosigkeit des Libyers3 geriet er schuld seines Übereifers in den gegenteiligen Irrtum. Er hätte sich doch begnügen sollen mit dem Nachweis, daß Vater und Sohn dem Subjekte nach nicht ein und dasselbe sind, und mit diesen im Kampfe gegen S. 44 den Gotteslästerer gepflückten Lorbeeren. Er aber, der ja recht augenscheinlich und noch mehr denn als Sieger dastehen wollte, stellt nicht nur eine Verschiedenheit der Personen auf, sondern macht auch einen Unterschied in ihrer Wesenheit, eine Abstufung in ihrer Macht und eine Ungleichheit in ihrer Herrlichkeit. Daher kam es, daß er einen Irrtum gegen einen andern eintauschte und von der richtigen Lehre abirrte. Eben deshalb bleibt er auch in seinen Schriften sich nicht gleich: Bald hebt er das „wesenseins” (τὀ ὁμοούσιον) [to homoousion] auf mit Rücksicht auf den, der es zur Beseitigung der Person mißbrauchte4, bald läßt er den Terminus zu, wenn es gilt, sich seinem Namensvetter5 gegenüber zu verteidigen. Zudem hat er sich auch über den Geist Ausdrücke erlaubt, die der Würde des Geistes ganz und gar nicht entsprachen: Er scheidet ihn aus von der angebeteten Gottheit und zählt ihn in irgendeiner untergeordneten Stellung zur erschaffenen und dienenden Natur. So etwa verhält es sich mit dem Manne6.
von Alexandrien. ↩
Dasselbe vergleichende Bild bei Gregor von Nazianz (orat. 29). ↩
D. i. Sabellius. Basilius ist der erste Schriftsteller, der Afrika als des Sabellius Heimat kennt und nennt. Vgl. Brief Nr. 207 c. 1. ↩
Sabellius. ↩
Dionysius von Rom (Papst 259—268). ↩
Eine noch mildere Beurteilung des alexandrinischen Bischofs Dionysius ist zu lesen bei Athanasius in seinem „Brief über die Ansicht des Dionysius, Bischofs von Alexandrien” (MPG XXV, 479—522). ↩
