1.
Es hinterbrachten mir einige, die aus Ankyra zu uns kamen — es sind deren sogar viele und nicht einmal leicht zu zählen, und alle stimmten in ihrer Aussage überein —, daß Du, teures Haupt — wie soll ich mich gelinde ausdrücken? —, unser nicht in Wohlwollen gedenkst und nicht so, wie es sonst Deine Art ist. Doch wisse wohl, daß nichts Menschliches mich schreckt, und daß auch gar kein Umschlag mir unerwartet kommt, da S. 60 ich längst die Schwäche der Natur und ihre Wandelbarkeit ins Gegenteil kennen gelernt habe. Deshalb mache ich mir nicht viel daraus, wenn einmal in unseren Verhältnissen ein Umschlag eintritt und aus früherer Ehrung uns jetzt Schmähungen und Beleidigungen erwachsen. Doch das kam mir so wirklich unvermutet und schien mir so unnatürlich, daß Du es bist, der sich so zu uns stellt, daß Du nämlich auf uns zürnst und böse bist, ja gar uns drohst, wie Ohrenzeugen berichtet haben. Ob der Drohungen habe ich freilich — um es Dir aufrichtig zu sagen — offen gelacht. Ich müßte denn doch ein ganzes Kind sein, wenn solche Schreckschüsse mir bange machten. Allein das schien mir furchtbar und machte mir schwere Sorge, daß Deine Gewissenhaftigkeit, von der wir glaubten, sie werde unter der kleinen Herde als eine Stütze der Rechtgläubigkeit und für die Gemeinden zum Trost als ein Same der alten und echten Liebe verbleiben, an der gegenwärtigen Krisis in der Weise sich beteiligte, daß die Verleumdungen seitens der nächsten Besten bei Dir die Oberhand gewannen über die lange Erfahrung, die Du von uns hast, und daß Du ohne Beweise zur Vermutung von Albernheiten Dich verleiten ließest. Doch, was rede ich von Vermutung? Denn wer (wie Du) zürnt und droht, wie sie sagen, scheint doch einen Zorn geäußert zu haben, der nicht einer Mutmaßung, sondern einer sichern und unumstößlichen Überzeugung entspringt.
