2.
Auch für die übrigen Angelegenheiten des Orients wird Dir vielleicht ebenfalls die Mitarbeit von mehreren vonnöten sein, und mußt Du auf Männer aus dem Abendlande warten. Indes die Ordnung der Kirche zu Antiochia hängt offenbar von Deiner Frömmigkeit ab, indem Du die einen schonend behandelst, die andern zur Ruhe weisest und so mit der Eintracht der Kirche die Stärke wiedergibst. Denn daß Du gleich den weisesten Ärzten mit der Heilung bei den vornehmsten Gliedern beginnen mußt, weißt Du besser als jeder. Was wäre aber wohl bedeutsamer für die Kirchen des Erdkreises als Antiochia? Ist sie zur Eintracht zurückgeführt, dann hindert nichts, daß sie wie ein gekräftigt’ Haupt dem ganzen Körper die Gesundheit bringt. In der Tat bedürfen aber die Schwächen dieser Stadt Deiner Weisheit und Deines evangelischen Mitleids: Sie ist ja nicht bloß von den Häretikern1 gespalten, sondern auch von solchen zerrissen, die miteinander gesinnungseins sein wollen2. Diese Glieder aber zu vereinigen und zur S. 117 harmonischen Einheit eines Körpers zu verbinden, vermag nur der, der mit seiner unsagbaren Macht auch den ausgedorrten Gebeinen wieder Nerven und Fleisch gibt. Sicher Großes wirkt der Herr durch die, die seiner würdig sind. Wir hoffen nun, daß auch hier wieder die Erledigung so wichtiger Angelegenheiten Deiner Großmut Ehre macht, daß Du den Zwiespalt unter dem Volke beseitigst, den Vorstandschaften der Parteien ein Ende machst, alle einander unterordnest in Liebe und der Kirche ihre alte Kraft zurückgibst.
Den Arianern, die in Antiochia einen ihrer Führer hatten. ↩
Der größere Teil der Orthodoxen stand zu Meletius, die übrigen hatten seit 362 in Paulinus einen eigenen Bischof. Zwischen beiden Parteien sollte Athanasius kraft seines Ansehens in der Allgemeinkirche den Frieden vermitteln, speziell Paulinus zum Rücktritt bewegen (zu folgern aus Brief Nr. 67). ↩
