Nr. 10
S. 60 Endlich die Häupter und Väter selbst der genannten Schulen, sagen sie nicht selbst das, was sie aussagen, als ihren Vermuthungen geglaubt aus? Hat nämlich Heraklid die Entstehung der Dinge durch des Feuers Wandlung, Thales die durch des Wassers Verdichtung gesehen? Hat Pythagoras derselben Hervorgehen aus den Zahlen, hat Platon die unkörperlichen Urbilder, Demokrit der untheilbaren Körper Zusammenstoßen geschaut? Oder wissen Jene, welche dafür halten, man könne Nichts durchaus begreifen, ob was sie sagen wahr sey; oder sehen sie ein, das selbst Ausgesprochene, was sie festsetzen, sey die Wahrheit? Da ihr also Nichts gewiß und zuverlässig besitzt, und Alles was ihr schreibet und in tausend Büchern zusammenfasset unter des Glaubens Führung bewahret: wie höchst ungerecht ist dann eure Aburtheilung, daß ihr unseren Glauben verlacht, den ihr doch mit uns gemeinschaftlich zu haben bemerkt? Aber ihr glaubt weisen, in allen Arten des Wissens unterrichteten Männern? denen nämlich, welche Nichts wissen und auch nicht Eins enthüllten; welche um ihrer Meinungen willen mit den Widersprechenden Streit anfangen und mit feindseliger Hartnäckigkeit immerdar fortfechten; welche, insofern Einer des Andern Sätze erschüttert, stürzt und vernichtet, Alles insgesammt ungewiß machen und durch ihre Uneinigkeit selbst darthun, daß man eigentlich nichts wissen könne.
