Nr. 7
Was weiter, wenn wir das Wahre betrachten, wenn auch alle Jahrhunderte zur Erforschung der Dinge angewendet werden, können wir aus uns selbst wissen, ob wir die Wahrheit erkennen, die ich weiß nicht welche Macht so blind und stolz hervorgebracht und mit Neid zusammengefügt hat, so daß wir uns, da wir durchaus nichts wissen, doch täuschen und durch der aufgeblasenen Brust Hoffart zur Einbildung der Wissenschaft uns erheben lassen. Um das Göttliche zu übergehen und die durch natürliche Dunkelheit verborgenen Dinge, kann irgend wer der Sterblichen das erklären, was jener Sokrates zu begreifen im Phaedon leugnet? Was der Mensch sey oder woher; zweideutig, veränderlich, beweglich, trügerisch, unergründlich, vielgestaltig? Zu welchen Zwecken er hervorgebracht worden? Durch welches Scharfsinn er ausgesonnen ward? Was er in der Welt macht? Warum er einen solchen Schwarm von Uebeln erfahre? Belebte ihn etwa die durch Feuchtigkeit in Fäulniß übergegangene Erde, so wie Würmer, wie Mäuse? Oder empfingen diese Umrisse des Körpers und Angesichts durch eines Werkmeisters Hand die Form? Ist es möglich, sag' ich, was offen daliegt und in den gemeinen Sinnen begründet ist, nicht zu wissen? Aus welchen Ursachen wir in Schlaf sinken, aus welchen wir erwachen, auf welche Weise die Träume entstehen, wie die Erscheinung? Ja, worüber Platon im Theätet (S. 158, Stephan.) zweifelt, ob wir einmal wirklich wachen, oder ob das Wachen selbst, wie man sagt, ein Theil andauernden Schlafes sey? und was wir zu thun scheinen, da wir ein Traumbild zu schauen aussagen? ob wir da durch der Strahlen und des Lichtes Ausdehnung sehen, oder ob der Dinge Abbilder herzufliegen und in unsern Pupillen sich niederlassen? Ob der Geschmack in den Dingen sey oder durch die Berührung des Gaumens entsteht? Aus welchen Ursachen die Haare die natürliche Schwärze verlieren, nicht alle zugleich, sondern nach und nach ergrauend? Woher komme, daß alle Flüssigkeiten durch Mischung S. 29 Eine Masse werden, daß das Oel nur allein die Einmischung zu erleiden zurückweist, in seiner undurchdringlichen Natur immer sichtbar verbunden? Die Seele selbst endlich, die als unsterblich von euch und als Gott ausgesagt wird, warum ist sie in den Kranken krank, in den Kindern thöricht, im Alter entkräftet; warum aberwitzig und stumpf und verstandlos? Deren Schwäche und Unwissenheit daher um so mehr erbarmenswerth ist, weil, da geschehen kann, daß wir irgend etwas Wahres einmal aussprechen, auch selbst dieß uns ungewiß bleibt, ob wir etwas Wahres ausgesprochen haben.
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