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Nach den angeführten Äußerungen fährt Celsus fort: " Es möge niemand glauben, ich wisse nicht, dass die einen von ihnen feststellen werden, sie hätten denselben Gott wie die Juden, die andern dagegen, der ihrige sei ein anderer, dem der Gott der Juden feindlich gegenüberstehe, und von jenem sei der Sohn gekommen." Wenn er nun meint, das Vorhandensein mehrerer Sekten unter den Christen biete einen Grund zur Anklage des Christentums, warum dürfte dann nicht auch in gleicher Weise als Anklage der Philosophie die Tatsache gelten, dass die Sekten der Philosophie sich nicht in geringfügigen und unbedeutenden Punkten, sondern in Fragen von der höchsten Wichtigkeit widersprechen? Da wäre es an der Zeit auch die Heilkunde anzuklagen, weil ihre Lehrer in ihren Meinungen auseinander gehen. Man es nun unter uns auch Leute geben, die sich dagegen verwahren, dass unser Gott derselbe sei wie der Gott der Juden, so darf man doch deshalb nicht diejenigen anklagen, welche aus denselben Schriften nachweisen, dass der Gott der Juden und der Gott der Heiden ein und derselbe sei1 , wie auch Paulus, der vom Judentum zum Christentum übertrat, dies in den Worten deutlich sage: "Ich danke meinem Gott, dem ich von den Vorfahren her mit reinem Gewissen diene"2 .
Es mag aber " auch noch eine dritte Art" geben von denen, "die gewisse Leute als Psychiker und andere als Pneumatiker bezeichnen"; Celsus meint wahrscheinlich die Anhänger des Valentinus. Was geht das aber uns an, die wir zur Kirche gehören und die Ansicht derjenigen S. 520 verwerfen, welche meinen, dass infolge ihrer natürlichen Beschaffenheit die einen gerettet und die andern verdammt werden? Es mögen auch einige vorhanden sein; " die sich als Gnostiker ausgeben" gerade so, wie die Epikureer sich Philosophen nennen. Aber die Leugner der Vorsehung dürften in Wahrheit wohl ebensowenig Philosophen, wie diejenigen Christen sein, welche abgeschmackte Erdichtungen, die von den Anhängern Jesu verworfen werden, aufbringen. Es mag auch " einige"3 geben, "die den Jesus anerkennen", indem sie sich deswegen Christen zu sein rühmen, "aber auch noch weiter nach dem jüdischen Gesetze wie die Masse der Juden leben wollen" - dies sind die beiden Gruppen der Ebionäer, die entweder wie wir bekennen, dass Jesus von einer Jungfrau geboren sei, oder dies nicht annehmen, sondern behaupten, er sei auf dieselbe Weise wie die übrigen Menschen in das Leben eingetreten -: aber wie läßt sich daraus ein Vorwurf gegen die Angehörigen der Kirche ableiten, die von Celsus als " die vom großen Haufen" bezeichnet worden sind? " Einige aber4 , sagt er, "seien auch Sibyllisten" ; vielleicht hat er da den oder jenen nicht recht verstanden, wenn sie solche Leute, die die Sibylle für eine Prophetin halten, radelten und ihnen den Namen "Sibyllisten" gaben.
