10. Frage.
S. 189 Mit wie großer Furcht und wie vielen Thränen soll eine durch viele Sünden unglückliche Seele von den Sünden ablassen, und mit welcher Hoffnung und Gesinnung zu Gott treten?
Antwort. Zuerst muß sie das frühere verdammliche Leben hassen und selbst das Andenken daran verabscheuen und verwünschen. Denn es steht geschrieben: „Ich hasse die Ungerechtigkeit und verwünsche sie, aber dein Gesetz liebe ich.“1 Ferner soll sie sich durch die Androhung des ewigen Gerichts und der ewigen Strafe über die Furcht belehren lassen und erkennen, daß die Zeit der Buße eine Zeit der Thränen ist, wie David im sechsten Psalm lehrte, und die feste Überzeugung hegen, daß die Reinigung von den Sünden durch das Blut Christi bewirkt wird in der Größe der Barmherzigkeit und der Fülle der Erbarmungen Gottes, der da sagt: „Wenn eure Sünden wie Scharlach sind, so werde ich sie weiß machen wie Schnee; wenn sie wie Purpur sind, so will ich sie weiß machen wie Wolle.“2 Hat sie dann Erlaubniß und Macht erhalten, Gott zu gefallen, so mag sie sagen: „Am Abend wird Weinen einkehren, und am Morgen Freude. Du hast mir mein Weinen in Freude verwandelt, mein Bußkleid zerrissen und mich mit Freude umgeben, auf daß ich singe meinen Ruhm.“3 Und so mag sie hintreten und Gott lobsingend sprechen: „Ich will dich erheben, o Herr, denn du hast mich aufgenommen und meinen Feinden keine Freude über mich verstattet.“4
