82. Frage.
[Forts. v. S. 232 ] Da geschrieben steht: „Ältere Frauen wie jüngere,“1 begeht nun eine ältere Frau dieselbe Sünde wie eine jüngere, ob sie derselben Strafe unterliege?
Antwort. Der Apostel hat gelehrt, wir sollten alte Frauen wie Mütter, die nicht Strafwürdiges thun, ehren. Trifft es sich aber einmal, daß die ältere Frau dieselbe Sünde begeht wie die jüngere, so müssen wir erstens, um mich so auszudrücken, die natürlichen Fehler des Alters erwägen und so einem jeden Alter das angemessene Maß der Strafe bestimmen. So ist z. B. die Trägheit dem Greisenalter natürlich, nicht aber der Jugend; wie denn die Zerstreuung, Aufregung, Kühnheit und dergleichen der Jugend eigen ist, nicht aber dem Greisenalter, und es scheint, als fänden sie ihre Stütze in der natürlichen Wärme der Jugend. Daher verdient dieselbe Sünde der Trägheit, zeigt sie sich bei der jüngeren Frau, schwerere Ahndungen, weil das Alter sie nicht entschuldigt. Und eben dieselbe Sünde der Zerstreuung, der Kühnheit oder Aufregung macht die ältere Frau einer größeren Strafe würdig, weil sie in ihrem Alter an der Sanftmuth und Gelassenheit eine Stütze findet. Überdieß hat man auch bei jeder der beiden Personen die Art der Sünde zu erwägen und so durch die entsprechende Strafe die angemessene Art der Heilung anzuwenden.
I. Timoth. 5, 2. ↩
