80. Frage.
Woher kommt es, daß dem Geiste gute Gedanken S. 230 und Gott gefällige Sorgen gleichsam fehlen, und wie können wir uns davor hüten?
Antwort. Da David sagt: „Es schlummerte meine Seele aus Sorglosigkeit,“1 so ist offenbar, daß dergleichen von dem Schlummer und der Gefühllosigkeit der Seele herrührt. Denn einer wachsamen und nüchternen Seele fehlt es nie an einer Gott wohlgefälligen Sorgfalt und einem guten Gedanken, im Gegentheile sieht sie, daß sie jener fehle. Denn reicht das Auge des Leibes nicht hin, auch nur einige wenige Werke Gottes zu betrachten und wenn es sich an Dem, was es einmal gesehen hat, nicht sättigen kann, sondern nicht müde wird, immer denselben Gegenstand zu betrachten und anzusehen, um wie viel weniger reicht das Auge der Seele hin, wenn es wachsam und nüchtern ist, die Wunder und Gerichte Gottes zu betrachten! „Denn deine Gerichte,“ heißt es, „sind ein großer Abgrund,“2 und an einer andern Stelle: „Wunderbar ist dein Wissen vor mir, gar mächtig ist es, ich kann es nicht erreichen.“3 Und dergleichen Stellen gibt es viele. Fehlt aber der Seele ein guter Gedanke, so fehlt ihr offenbar auch noch die Erleuchtung, nicht weil das Licht fehlt, sondern weil Das schläft, was erleuchtet werden soll.
