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S. 294 Wesenheit und Person (οὐσία καὶ ὑπόστασις) [ousia kai hypostasis] unterscheiden sich ebenso voneinander wie das Allgemeine vom Besondern, wie z. B. das Lebewesen von einem individuellen Menschen. Daher bekennen wir eine einzige Wesenheit in der Gottheit, so daß wir den Begriff von Sein nicht verschieden erklären, nehmen aber Person als etwas Besonderes, so daß wir von dem Vater, dem Sohne und dem Hl. Geiste einen unvermischten1 und deutlichen Begriff erhalten. Denn wenn wir nicht die charakteristischen Eigenheiten eines jeden betrachten, nämlich die Vaterschaft, die Sohnschaft und die Heiligung, sondern Gott nach dem gemeinsamen Begriff des Seins bekennen, dann ist es unmöglich, sich vom Glauben eine befriedigende Rechenschaft zu geben. Wir müssen also dem Gemeinsamen das Besondere hinzufügen und den Glauben also bekennen: Das Gemeinsame ist die Gottheit, das Besondere die Vaterschaft. Diese Merkmale gilt es zu verbinden im Bekenntnis: ‚Ich glaube an Gott-Vater‘. So müssen wir auch beim Bekenntnis des Sohnes verfahren und das Gemeinsame mit dem Besondern verbinden und sagen: ‚Ich glaube an Gott-Sohn‘. Ebenso müssen wir auch beim Hl. Geiste die seiner Benennung entsprechende Beifügung machen und sagen: ‚Ich glaube an den göttlichen Hl. Geist.‘ So wird dann überhaupt im Bekenntnis der einen Gottheit die Einheit bewahrt und die Besonderheit der Personen durch die Scheidung der Eigenheiten, die jedem zugedacht werden, bekannt. Die aber Wesenheit und Hypostase für dasselbe erklären, sehen sich gezwungen zu bekennen, daß nur die Personen (πϱόσωπα) [prosōpa] verschieden seien; und da sie Anstand nehmen, von drei Hypostasen zu reden, verraten sie sich als Leute, die die Pest des Sabellius nicht fliehen, der ebenfalls in häufiger Begriffsverwirrung eine Unterscheidung der Personen versucht, indem er sagt, dieselbe Hypostase erscheine je nach Bedürfnis unter verschiedenen Gestalten.
ἀσύγχυτος [asynchytos] (unvermischt = reinlich geschieden). ↩
