61.
Wieder ein Weib konnte nicht gebären und weil das Kind im Mutterschosse gestorben war, schwebte die Arme zwischen Leben und Tod. Sobald die edle Magd des Herrn es hörte, sagte sie, von Mitleid bewegt, zu den Jungfrauen: „Lasset uns hingehen und die Todkranke besuchen, damit wir beim Anblick der furchtbaren Wehen, die die Kinder dieser Welt aushalten müssen, zum mindesten erkennen, welcher Mühsal Gott uns enthoben hat.“ Als sie den Raum betrat, worin die Kranke lag, begann sie zu beten, und das arme Weib in seiner Qual flehte mit kaum vernehmlicher Stimme zur Heiligen: „Erbarme dich meiner“ Da bestürmte sie Gott aus tiefster Seele, nahm den Gürtel, den sie trug, und legte diesen ihr auf mit den Worten: „Ein grosser Mann hat ihn mir geschenkt und ich, hoffe, dass sie Gott auf seine S. 490 Fürbitte sogleich heilen wird.“ Und augenblicklich kam das tote Kind heraus und sie schenkte dem Weibe Lebensmittel und ging eilig heim und sie lobten Gott nach ihrer Gewohnheit. Und die Selige sagte voll tiefer Demut: „Es ist der Gürtel eines Heiligen, und dessen Fürbitte gab der Todkranken die Gesundheit wieder“. So schrieb sie stets den Heiligen alles Gute zu, das sie selber tat.
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