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Zu jener Zeit hatte der selige Kaiser Leo von vielen Seiten das Lob eines gewissen Titus vernommen. Der wohnte in Gallien und hatte eine zahlreiche Mannschaft zur Verfügung, die für den Kriegsdienst gut eingeübt war. Diesen ließ er kommen und ehrte ihn durch die Würde eines Obersten, damit er ihn bei Kriegsgefahr zum Schutze habe. Er schickte ihn aber auch zum Heiligen hinauf, damit er bete. Der fromme Mann bewässerte seine Seele bei jedem Besuch fleißig mit mancherlei Ermahnungen aus den göttlichen Schriften und machte ihn so zu einem immer blühenden, fruchtbaren Baume. Er schaute den Heiligen und staunte sein wunderliches Wesen und seine Ausdauer an, und wie gutes Erdreich den Regen aufnimmt und Früchte trägt, so wurde dieser bewundernswerte Titus durch die Unterweisungen des Frommen und Gerechten in seinem Sinne erleuchtet und beschloß, die Mandra nicht mehr zu verlassen. Alle Mühe des Menschen, so sprach er, geht dahin, daß er reich werde und die Güter der Welt gewinne und den Menschen gefalle, aber die eine Stunde seines Todes entfremdet ihm all seine Habe. Drum ist’s besser, daß wir Gott dienen, als den Menschen! Und mit diesen Worten fiel er dem frommen Mann zu Füßen und bat, ihn aufzunehmen und unter die Schar der Brüder einzureihen. Der Knecht Gottes Daniel aber nahm seinen guten Entschluß freudig auf. Da ließ Titus alle seine Leute und angeworbenen S. 30 Söldner rufen und sprach zu ihnen: Ich diene von nun ab dem himmlischen König. Zu eurem Befehlshaber hat mich die menschliche Würde gemacht, aber ich habe weder mir noch euch Gutes tun können, nur zum Schlachten und Blutvergießen habe ich euch ermahnt. Von jetzt an entsage ich dem allem. Wer nun will, mag bei mir bleiben, ich zwinge niemand, denn erzwungene Gabe ist nicht willkommen. Seht, da ist Geld: jeder von euch mag davon nehmen und nach Hause gehn. Und er brachte viel Gold zum Vorschein und legte es vor der Säule nieder, und gab jedem nach seinem Range. Aber zwei Leute wollten es nicht annehmen, sondern bei ihm bleiben, die andern umarmten ihn alle zum Abschied und zogen von dannen.
