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Während dies nach Gottes Gnade zu glücklicher Stunde geschah, vernahm der Kaiser mit dem Basiliskennamen von dem Boten den Urteilsspruch des Heiligen und den Einsturz des Turmes im Palast: und sofort begab er sich zu Schiff vom Hebdomon in die S. 42 Stadt; und am nächsten Tage schickte er Senatoren in die heilige Große Kirche, um den Heiligen zu bitten, daß er sich zum Palast bemühe. Der aber weigerte sich und sagte: Komm du selbst in die heilige Kirche und verantworte dich vor dem kostbaren Kreuz und dem heiligen Evangelium, das du beleidigt hast; denn ich bin nur ein sündiger Mensch. Die Boten meldeten es dem Kaiser: und sofort machte er sich in feierlichem Zuge auf und kam in die Kirche. Da trat ihm der Erzbischof mit dem heiligen Evangelium im Altarraum entgegen und er nahm es heuchlerisch entgegen. Dann begab er sich nach dem üblichen Gebet mit dem Erzbischof zu dem Heiligen, und beide fielen ihm vor allem Volk zu Füßen, der Kaiser Basiliskos und der Erzbischof Akakios. Der winkte ihnen zu und ermahnte sie zum Frieden und daß sie in Zukunft Feindschaft gegeneinander vermeiden sollten. Denn wenn ihr in Zwist seid, sprach er, zieht ihr auch die heiligen Kirchen in Mitleidenschaft und weckt in der ganzen Welt erschrecklichen Unfrieden. Und als der Kaiser sich mit vielen Worten vor dem Heiligen entschuldigte, schrie das Volk: Schirme, Herr, deine Söhne und den Vater! Die Eintracht der beiden steht bei dir ! Nun wollen wir den Glauben des Kaisers hören! Die Kanones des wahren Glaubens, warum werden sie verkehrt? Die rechtgläubigen Bischöfe, warum werden sie verbannt? In die Rennbahn mit dem Oberhofmeister Theoktistos! Der Kaiser ist rechtgläubig! Die Feinde des wahren Glaubens: warum werden sie verbannt? verbrenne sie lebendig! Die Verstörer der Welt schicke in die Verbannung! Einen christlichen Kaiser für die Welt! Wir wollen wissen, wie der Kaiser glaubt! Und noch unzählige andere solche Rufe stieß das Volk aus, während jene beiden am Boden lagen, dem Heiligen zu Füßen, der Kaiser und der Erzbischof. Da rief der Heilige den Sekretär Strategios und hieß den Kaiser ein Mandat an das Volk aufsetzen zu seiner Rechtfertigung. Das tat er und der Sekretär bestieg die Kanzel und hub an vorzulesen wie folgt: Wir hoffen, daß eurer in Erkenntnis vollkommenen Ehrwürden nicht unbekannt ist, daß wir von Kindesbeinen an rechtgläubig sind und in der Gemeinschaft der heiligen Kirche stehen, daß unsre Kinder in ihr getauft sind und daß wir an die heilige und wesensgleiche Dreieinigkeit glauben. Und euer heißer Eifer für den Glauben ist uns willkommen. So schenkt nun nicht kindlichen Einflüsterungen Glauben, wenn einige sagen, wir S. 43 seien nicht recht gesinnt in bezug auf den heiligen Glauben. Denn ihr wißt ja selbst, daß wir als Nichtgriechen und Kriegsleute von Beruf nicht imstande sind, die Tiefen des heiligen Glaubens zu ermessen. Da aber nun die Zeit des Friedens und nicht die Zeit des Wortstreites ist, so begnügen wir uns, in allem eurer Liebe zu willfahren, und man wird nichts von dem nachweisen können, dessen man uns mit viel Geschrei böswillig angeschuldigt hat. Diese Rechtfertigung spreche ich vor Gott und dem heiligen Mann aus und tue sie euch kund. Als der Kaiser so vor dem Heiligen und dem Volke Abbitte geleistet hatte, empfing er den Friedenskuß. Und nachdem er ihn vom Erzbischof empfangen hatte, kehrte er vor allem Volk in seinen Palast zurück. So hatte der Herrgott den Feind seiner heiligen Kirche ihm zu Füßen gelegt. Alle aber waren erbaut und kehrten in ihre Häuser heim, und auch der Knecht Gottes ließ sich wieder zum gewohnten Kampfplatz seiner Askese führen. Bei seiner Rückfahrt konnte er sich nur mit Mühe durch das Gedränge des gläubigen Volkes und der mannigfachen Kranken einen W eg zu seiner Säule bahnen, und mit viel Gefahr und großer Not stieg er hinauf. Dann ließ er alle heranrufen, betete zu Gott und entließ alle gesund. Aber zu den Klerikern und Mönchen und dem Volke, das bei ihm blieb, sagte er: Jener böse Feind hat nicht ernstlich Frieden mit uns machen wollen. Habt nur Geduld, und bald werdet ihr die Herrlichkeit Gottes sehen. Denn Gott vergißt die Not seiner Knechte und der heiligen Kirchen nicht.
