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Als er nun in der Askese weitere Fortschritte machte, konnte er den Tadel und das Lob des Abtes und der ganzen Brüderschaft nicht mehr ertragen, und hatte den Wunsch, nach der heiligen Stadt Jerusalem zu wallfahrten und zugleich den heiligen und dreimal seligen Symeon auf der Säule zu sehen, in dessen Fußstapfen zu treten er sehnlichst verlangte. Aber der Abt ließ ihn trotz aller Bitten nicht aus dem Kloster. Da geschah es, daß der damalige Erzbischof alle Äbte des Morgenlandes um drängender kirchlicher Not willen nach der Hauptstadt Antiochia entbot, und auch der Abt des heiligen Daniel reiste dorthin und hieß unter anderen auch ihn als seinen Schüler mitgehen. Und als sie wieder in ihre Klöster heimkehrten, übernachteten sie in einem Dorfe namens Telanissos in einem großen Kloster, wo auch der eben erwähnte heilige Symeon seine Askese begonnen hatte. Und als die dortigen Mönche von den großen Taten des heiligen Symeon erzählten, widersprachen die aus Mesopotamien, da die Sache ihnen zu fremdartig erschien, und S. 4 meinten, er hätte auch auf der Erde unauffällig seinen Wandel führen und Gott gefallen können, da doch noch kein Mensch je auf eine Säule gestiegen sei. Da forderten die Klosterleute sie auf, zum Berge emporzusteigen und die Mühsal anzuschauen, die er um des Herrn willen litt. Sie willfahrten und stiegen samt dem heiligen Daniel herauf, und als sie an die Säule kamen und die Öde des Ortes, die Höhe der Säule, die Glut der Sonne, und die Geduld und Freundlichkeit des Heiligen schauten, erschraken sie. Der Heilige aber hieß die Leiter ansetzen und lud die Mönche ein, heraufzusteigen und ihn zu küssen. Aber die fürchteten sich und wollten die Säule nicht hinaufklimmen, der eine vor Alter, der andere vor Krankheit, der dritte hatte einen wehen Fuß, und sie sagten untereinander: Wie können wir den küssen, den unsere Lippen eben noch geschmäht haben? Der heilige Daniel aber bat um Erlaubnis und stieg hinauf, und Symeon fragte ihn nach seinem Namen, ermahnte ihn und segnete ihn. Dann betete er für alle Äbte und entließ sie mit Frieden.
